Der PZ-Selbstversuch: So fühlt sich eine Blutspende an
Birkenfeld. Wer in eine gesundheitliche Notsituation gerät, benötigt ärztliche Hilfe – und das unter Umständen auch in Form von Blut anderer Menschen. Daher ist es um so wichtiger, dass gesunde Menschen Blut spenden. PZ-Redakteurin Julia Wessinger erklärt, wie eine Spende beim Deutschen Roten Kreuz abläuft.
„Ein Blutdruck von 120 zu 70, das ist gut, sehr gut“, sagt Doktor Manfred Mayle und schaut mich dabei lächelnd an. „Geht es Ihnen denn auch gut, fühlen Sie sich wohl?,“ fragt er mich. „Ja“, antworte ich auf die Schnelle. Insgeheim weiß ich aber, dass das nur zu Teilen stimmt. Ich bin aufgeregt in dieser ungewohnten Situation. Nicht aber weil mir in wenigen Minuten eine Nadel in den Arm gestochen wird. Vielmehr deshalb, weil ich mir darüber Sorgen mache, ob ich an diesem Tag denn tatsächlich alle Voraussetzung mitbringe, um mein Blut zu spenden. Alle Voraussetzungen, um anderen Menschen zu helfen. Das denke ich zumindest noch bis jetzt, bis ich später eines Besseren belehrt werde.
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„Gut,“ erwidert Mayle mit einem Blick auf einen Zettel, den ich vor meinem kurzen Besuch bei ihm ausfüllen musste, „dann können Sie jetzt zur Blutentnahme“. Damit signalisiert er mir, dass er an meiner gesundheitlichen Verfassung nichts auszusetzen hat. Ich fühle mich etwas besser, spüre Erleichterung.
Wenige Minuten später, im Raum der Blutabnahme angekommen, werde ich wieder etwas unruhiger. Kann nicht einschätzen, ob ich jetzt doch Angst oder vielmehr Respekt vor der Nadel habe. Es ist erst das zweite Mal, dass ich Blut spende. Alle Menschen um mich herum wirken auch dieses Mal sehr routiniert. Sie nehmen mir ein wenig meiner Angst, die ich mir jetzt tatsächlich eingestehe und lenken mich durch freundliches Lächeln ab. Auch alle Spender um mich herum wirken gelassen. So schlimm kann es ja gar nicht sein, denke ich mir immer wieder. Und das beste Argument in diesem Moment: Ich weiß, dass ich mit dieser Entscheidung anderen Menschen, die sich möglicherweise in schlimmen Notsituationen befinden, helfe.
„Legen Sie sich bitte hier auf die Liege,“ sagt Schwester Heidi zu mir. Im Raum stehen etwa zehn solcher Liegen. Mein rechter Arm wird auf einem Kissen platziert. Ein sogenannter Venenstauer wird oberhalb meines Ellenbogens angebracht. Ich spüre, wie mein Blut dadurch tatsächlich blockiert wird und mein Herz schneller schlägt. Mein Arm wirkt wärmer als zuvor. „Das ist normal, liegt an Ihrer Körpertemperatur,“ erklärt mir die Schwester. Sie fordert mich auf, meine Hand zur Faust zu ballen, schaut sich meinen Unterarm an, desinfiziert mit einem Wattebäuschchen eine Stelle. Dort sei die Ader „sehr gut“ für eine Blutentnahme. Dann dauert es nicht mehr lange, bis ich einen kurzen aber deutlichen Stich durch meine Haut spüre und die Nadel in meiner Ader angekommen ist. Urplötzlich färbt sich der hinter der zwischen der Nadel und einem Beutel angebrachte Schlauch dunkelrot, und das Blut fließt. „Pumpen sie ruhig mit“, empfiehlt die Schwester nach wenigen Sekunden und deutet nickend in Richtung meiner Faust. Dadurch würde die Blutspende schneller gehen.
Rund sieben Minuten und einige Kontrollfragen seitens der ehrenamtlichen Helfer später, habe ich die 500 Milliliter-Marke erreicht. Die Nadel wird entfernt, ein Verband angebracht, den ich nicht länger als zwei Stunden tragen darf. Alles passiert – wie schon zuvor – sehr routiniert und gekonnt. Mit dem Aufrichten bemerke ich, dass meine anfängliche Nervosität in den letzten Minuten verflogen sein muss, meine Angst vergessen. Vor was auch, frage ich mich, während ich von einem Helfer in die Ruhezone gebracht werde. Was hatte mich zuvor so unruhig gemacht? Auf der Liege angekommen, beantworte ich mir die Frage selbst: Es war die Angst vor dem Ungewissen, die Angst, einen winzigen Stich abzubekommen. Eine Angst, die völlig unnötig und völlig übertrieben war. Zumindest aus meiner Sicht. Denn das Wichtigste, das jetzt zählt, ist, dass ich Menschen helfen kann, die Hilfe benötigen. Hilfe, die ich geben kann, lediglich mit einem kleinen Piekser auf meiner Haut.
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