Birkenfeld
Enzkreis -  22.12.2025
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

„Konzern“ Birkenfeld: Fraktionschefs ziehen in turbulenter Zeit eine Zwischenbilanz

Birkenfeld. Eines ist klar: Der Zeitaufwand für Gemeinderäte ist erheblich, die finanzielle Entschädigung eher symbolisch bei 50 bis 100 Euro pro Monat plus Sitzungszulagen.

Die vier Fraktionsvorsitzenden im Birkenfelder Gemeinderat vor der Tür zum Ratssaal bei der letzten öffentlichen Sitzung des ausklingenden Jahres mit Haushaltseinbringung 2026: Joachim Hausmann (SPD), Marcus Höll (Unabhängige Wählerschaft Birkenfeld), Jürgen Feuerbacher (Unabhängige Grüne Liste Birkenfeld) und Martin Gnadler (CDU, von links).
Die vier Fraktionsvorsitzenden im Birkenfelder Gemeinderat vor der Tür zum Ratssaal bei der letzten öffentlichen Sitzung des ausklingenden Jahres mit Haushaltseinbringung 2026: Joachim Hausmann (SPD), Marcus Höll (Unabhängige Wählerschaft Birkenfeld), Jürgen Feuerbacher (Unabhängige Grüne Liste Birkenfeld) und Martin Gnadler (CDU, von links). Foto: Wewoda

Die öffentliche Rolle kann auch Anfeindungen bedeuten, wie sie schon CDU-Fraktionschef Martin Gnadler, 55 Jahre, erlebte. 2024 startete Gnadler in seine dritte Amtsperiode. Zur scharf geführten öffentlichen Auseinandersetzung um die schließlich abgelehnte Windkraft im Birkenfelder Wald, sagt Gnadler: „Einmal wurde es mir zu persönlich, da sagte ich: Bis hierher und nicht weiter!“ Auch habe er sich von den Betreffenden dann zurückgezogen. Doch sei das eine Ausnahme geblieben.

Grundsätzliche Zweifel sind bei dem als Prokurist einer Vertriebsgesellschaft tätigen Gnadler nicht aufgekommen. „In der kleinen Keimzelle unserer Kommune können wir am besten etwas bewegen“, meint Gnadler auch mit Blick auf die geopolitischen Krisen der Zeit. Dazu gehört nun aktuell die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte. Dass Birkenfeld die Herausforderungen mit seiner Wirtschaftskraft mutig und aktiv angeht, befürworten alle vier Fraktionsvorsitzenden unisono.

Höhere Schlagzahl nach Reform

Dass die neue Struktur der Gemeinde mit ihren Eigenbetrieben zusätzlich Zeit und Energie kostet, benennt Marcus Höll von der Unabhängigen Wählerschaft Birkenfeld (UWB) am klarsten. 2009, als er erstmals in den Gemeinderat gewählt wurde, seien 15 Sitzungen im Jahr normal gewesen. Im dritten und vierten Quartal alleine sei er nun aktuell aber schon auf 14 Zusammenkünfte gekommen.

Marcus Höll: 35 Sitzungen 2025

2025 stehen für Höll 35 Sitzungen zu Buche, „nicht alle verpflichtend“. Martin Gnadler bestätigt: „Die Eigenbetriebe machen es intensiver von der Schlagzahl her.“

Marcus Hölls Weg in das Hauptgremium der Gemeinde ist – im Gegensatz zu den im Vereinsleben gut verwurzelten Mitstreitern – eher ungewöhnlich: „Ich bin in keinem einzigen Verein in Birkenfeld Mitglied. Von 1984 bis 1997 war ich aber fast in jeder Gemeinderatssitzung dabei“, erzählt Höll, der als selbstständiger Gas- und Wasserinstallateur arbeitete.

„Das war einfach mein Ding“, sagt er zum Gemeinderat. 1994 sei er erstmals aufgestellt worden. „Ich habe vier Anläufe gebraucht, bis ich gewählt wurde“, berichtet Höll. Er empfiehlt daher neuen Kandidaten daher vor allem, beharrlich zu bleiben.

2019 scheiterte Höll wieder knapp. Doch 2024 gelang ihm das Comeback im Gremium, nun übernahm er den Fraktionsvorsitz. „Ich bin jetzt im elften Jahr dabei“, so Marcus Höll.

Der Rekordhalter in der Runde heißt aber Joachim Hausmann (SPD), 70 Jahre: Der Raumausstatter im Ruhestand ist jetzt seit sage und schreibe 26 Jahren lang im Gemeinderat dabei. Seine Frau habe ihn einmal gewarnt: Wenn er einen Herzinfarkt riskiere, lohne sich das Ganze nicht mehr. Doch so weit kam es dann zum Glück für beide und die Gemeinde nie. „Wenn man in seiner Kommune etwas mitgestalten will“, komme man am Gremium nicht vorbei. Im Kreistag herrsche zum Beispiel Fraktionszwang. „In meiner Fraktion darf jeder seine eigene Meinung haben“, erklärt Hausmann.Für eine enkelgerechte Zukunft

Jürgen Feuerbacher (UGLB), 67 Jahre, der seine zweite Amtsperiode begonnen hat, sagt zu seiner Motivation: „Wenn die Enkel einmal fragen, was hast Du eigentlich für das Klima gemacht“ – da wollte er zumindest eine gute Antwort haben. „Wir haben wahnsinnig viel vor, so viele Weichen wurden noch gar nie gestellt“, meint Feuerbacher mit Blick auf das sportliche Birkenfelder Investitionsprogramm. Rund 26 Millionen Euro stehen im Gesamthaushalt einschließlich Eigenbetrieben 2026 bereit. „Energiethemen waren für mich schon immer wichtig“, sagt der Fraktionskopf der Unabhängigen Grünen Liste (UGLB), der sich als parteiunabhängig sieht.

„Manchmal muss man schon dicke Bretter bohren“, findet der Energieexperte. In Sachen Klimaneutralität habe es viel Abwehrhaltung gegeben. Im Gemeinderat weiche diese Opposition erst auf, seit Marcus Höll neuer UWB-Fraktionsvorsitzender sei. Feuerbacher: „Mir macht es zu schaffen, wie unglaublich schwierig wir in dem Bereich vorankommen.“

Die damalige UGLB-Gemeinderätin Gabriele Schumacher fragte Feuerbacher, der 2011 Mitgründer der BürgerEnergiegenossenschaft Birkenfeld war, ob er nicht kandidieren wollte. Gesagt, getan – Feuerbacher schaffte es dann gleich.