Birkenfeld
Birkenfeld -  03.09.2019
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Naturexperten seit 100 Jahren: Obst-und Gartenbauverein Birkenfeld feiert Geburtstag

Birkenfeld. Mit einem lapidaren Satz im Protokoll beginnt am 13. April 1919 die Geschichte des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Birkenfeld: „Es wurde beschlossen, einen Ortsverein zu gründen.“ 28 Interessierte sollen damals dabei gewesen sein. Erster Vorsitzender wird Gottlob Ölschläger.

Am Mittwoch feiert der Verein sein 100-jähriges Bestehen, hat 140 Mitglieder und der Vorsitzende heißt Joachim Hausmann. Der sieht den OGV im Jubiläumsjahr ganz ordentlich aufgestellt: „Mit unserer Mitgliederzahl können wir zufrieden sein, aber wie viele andere Ortsgruppen auch sind wir leider etwas überaltert.“ Es sei schwierig, Nachwuchs zu finden und jüngere Menschen für die Arbeit und Aktivitäten im Obst- und Gartenbauverein zu begeistern.

„Einen Hausgarten haben viele“, so Hausmann. Und etliche von denen erwarteten bei der Pflege ihrer Pflanzen, Beete und Bäume Service vom OGV. „Ich werde von Mitbürgern oft gefragt, ob ich nicht ihre Bäume schneiden könnte – aber darin sehe ich eigentlich nicht meine Aufgabe“, so Hausmann. Vielmehr sei der OGV dazu da, den Gartenbesitzern die entsprechenden Fähigkeiten zu vermitteln, damit sie solche Arbeiten selbst ausführen können.

So habe es schon im Gründungsjahr eine Unterweisung zum Frühjahrsschnitt gegeben, an der sich 20 Mitglieder beteiligt hätten. Und bis heute sind Schnittkurse fester Bestandteil im Kernangebot des Vereins, genauso wie Fachvorträge von Pflanzenexperten. Mit einem Schmunzeln erinnert sich Hausmann an ein Schreiben zu einem Schnittkurs 1959: „Da hat sich ein evangelischer Prediger beklagt, weil der Kurs auf 8.30 Uhr am Palmsonntag angesetzt war.“ Wenn dem Verein nichts am „Gebot der Sonntagsheiligung“ liege, sei man „eben wieder zutiefst im Heidentum“, heißt es darin.

Bereits 1933 hatte die Gemeinde dem OGV ein erstes Grundstück zur Bewirtschaftung überlassen. Sein heutiges Domizil hat der Verein im Zwerlau, links der Straße nach Gräfenhausen kurz nach dem Erlach-Stadion. 1969 hat der OGV das acht Ar große Grundstück gekauft. 1995 kam nochmal eine gleichgroße Baumwiese dazu.

„Für unsere Verhältnisse haben wir dort einen schönen, gepflegten Garten“, findet Hausmann: „Als Vorsitzender hat mein Vorgänger Erich Ölschläger maßgeblich dazu beigetragen, dass die Anlage neu gestaltet wurde und ihr heutiges Gesicht erhalten hat.“ Beerensträucher und Obstbäume seien das Herzstück neben der Vereinshütte mit Terrasse. Allerdings komme der Strom nur von einem Aggregat, das Wasser aus einer Zisterne. In beiden Fällen fehle der Netzanschluss, was die Möglichkeiten der Nutzung beschränke.

Die Einschränkungen hindern den OGV aber nicht daran, jährlich am 1. Mai ein großes Rettichfest im Lehrgarten zu feiern, bei dem die Besuchermassen strömen und gut 600 bis 700 Rettiche über den Tresen gehen – alle mit großem ehrenamtlichem Einsatz der Mitglieder von Hand geschnitten. Tradition habe auch die Gartenöffnung für die Allgemeinheit drei Mal im Jahr. „Das machen wir immer sonntagmorgens. Im Januar gibt’s Glühwein, im Juni wird gegrillt und im Herbst gibt’s Zwiebelkuchen“, sagt Hausmann und freut sich über die Resonanz der Besucher: „Wir hören dann immer wieder: ,Bei euch isch’s soooo scheeee!‘“

Auch sonst werde Geselligkeit und Zusammenhalt großgeschrieben beim OGV, so der Vorsitzende: „Ein Höhepunkt sind auch immer wieder unsere Ausflüge. Da steuern wir meist Ziele an, die auch etwas mit dem Verein zu tun haben, zum Beispiel Landes- oder Bundesgartenschauen, die Blumeninsel Mainau oder Gartenbaubetriebe.“

Personell nicht mehr zu stemmen seien die großen Rosenschauen, die es bis Anfang 2000 gab. „Da haben wir Rosen für bis zu 1000 D-Mark eingekauft, Gestecke gemacht, auf dem Hof der Ludwig-Uhland-Schule zwei Tage lang ausgestellt und anschließend versteigert“, erzählt Hausmann. Dafür sei im vergangenen Jahr die Obstbaumförderung in Kooperation mit dem Schwesterverein aus Gräfenhausen und der Gemeinde angelaufen. „2018 haben wir über 100 Bäume ausgegeben und für dieses Jahr ist die Aktion in Vorbereitung“, sagt Hausmann, der sich darüber freut, dass in Sachen Streuobstwiesen ein Umdenken stattgefunden habe: „1992 wurde so ein Förderprogramm vom Gemeinderat noch abgelehnt.“

Um Kinder neugierig zu machen auf Garten- und Naturthemen, beteilige sich der Verein zum Beispiel am Ferienprogramm der Gemeinde. Dabei werden unter anderem Nistkästen gebastelt. Auch mit den Naturfreunden kooperiere man und baue mit deren Nachwuchs Insektenhotels. Zudem wolle der OGV versuchen, die Zusammenarbeit mit Schulen vor Ort wieder zu aktivieren. „Wir haben bei der Ludwig-Uhland-Schule mal eine Kräuterspirale angelegt, die dann aber dem Ganztagesneubau weichen musste. Und den Schulgarten, den wir einst bei der Friedrich-Silcher-Schule angelegt haben, gibt’s leider auch nicht mehr“, so Hausmann.

Autor: ben