Birkenfeld
Birkenfeld -  16.08.2021
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Von der Liebe in all ihren Facetten: Literarisch-musikalisches Programm begeistert bei Konzertreihe

Birkenfeld. Mal sorgt sie für Ekstase und Hochstimmung, mal für Schmerz und Kummer: die Liebe. In Briefe gegossen, in Worte und Sätze gekleidet, offenbart sie sich der Nachwelt. Lars Jung bezeichnet den Liebesbrief als direktesten Weg von einem Herzen zum anderen, als greifbares Stück der Lebens- und Liebesgeschichte, als etwas, das man jahrzehntelang aufbewahrt und immer dann hervorkramt, wenn einem danach ist.

Eindrucksvoll macht er am Sonntag mit Cornelia Schumann und Sonnhild Fiebach bei einer literarisch-musikalischen Veranstaltung von "Musik aus Dresden" deutlich, wie facettenreich Gefühle zum Ausdruck gebracht werden können. Im Garten der künstlerischen Leiterin, Dorothee Schumacher, unternehmen die drei eine Reise, beginnend im 16. Jahrhundert bei Heinrich dem Achten und endend bei der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt.

Voller Metaphern und Vergleiche, voller Synonyme für die Liebe sind die Briefe, mit Superlativen und wertschätzenden Adjektiven erhöhen sie die geliebte Person. Heinrich von Kleist und Henriette Vogel geben sich gegenseitig Kosenamen, Mozart nennt sich selbst "Knaller Praller Schnip-Schnap-Schnur".

Bei John Lennon ist nicht alles jugendfrei. Und Friedrich Nietzsche macht einer Dame nach nur einer Begegnung einen Heiratsantrag. Zwischen poetisch und schwülstig verläuft eine schmale Grenze. Und nicht immer herrscht eitel Freude: Nachdem ihr Mann Pierre bei einem Verkehrsunfall verstorben ist, beschreibt Marie Curie in berührenden Zeilen, wie sie sein kaltes Gesicht zum letzten Mal geküsst hat, wie sie seinen Sarg mit Blumen bedeckt. Der NS-Widerstandskämpfer Helmuth Moltke hat die Hinrichtung vor Augen, als er sich in einem vom Glauben an Gott geprägten Brief von seiner Frau Freya verabschiedet.

Die Kunst der leisen Töne

Lebendig und mit starker Stimme trägt Jung die Texte vor, Tempo und Volumen gekonnt variierend, um die Botschaft des Gesprochenen zu verstärken, Sinnzusammenhänge erkennbar und die Intention des Schreibenden deutlich werden zu lassen. Es gelingt ihm meisterhaft: Das Publikum ist begeistert von der Leidenschaft des Vortrags – und der Qualität der musikalischen Darbietung. Sie transportiert Gefühle. Zart fließt Arvo Pärts "Spiegel im Spiegel" vor sich hin, voller Melancholie, Schmerz und Verzweiflung. Klar und durchsichtig gelingt es den beiden Musikerinnen.

Die Kunst der leisen Töne beherrschen sie perfekt: Fiebach agiert am Keyboard mit minimalistischer Zurückhaltung, während Schumann auf der Bratsche einen feinen Klangteppich webt – so leicht, dass man glaubt, er könne davonfliegen, wenn der Wind durch den Garten weht.

Schöner Kontrast: das "Liebesleid" des Wieners Fritz Kreisler, das heiter und ein bisschen nach Walzerseligkeit klingt. Zupackend und mit Energie präsentieren Schumann und Fiebach "Kann denn Liebe Sünde sein", ein Schelllackschlager von Bruno Balz (Text) und Lothar Brühne (Musik), der zum dynamischen Wechselspiel einlädt. Das Publikum ist begeistert.

Autor: Nico Roller