Sexueller Übergriff zwischen Männern wirft Fragen auf
Eisingen/Königsbach-Stein. „Ich wünschte, es hätte diese Tat nie gegeben“, beteuerte der aus Hannover stammende Angeklagte gestern Mittag im Amtsgericht Pforzheim in seinem Schlusswort. Wenige Minuten später wurde der 45-Jährige für genau diesen sexuellen Übergriff, den er von Beginn an und nicht zuletzt auch mit diesen Worten gestanden hatte, zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
Im September vergangenen Jahres war der Angeklagte gemeinsam mit seinem Ehemann und seinem späteren Opfer auf dem Straßenfest in Eisingen. „Die Stimmung war ausgelassen“, beschrieb das 22-jährige Opfer den Abend in seiner gestrigen Aussage. „Wir haben Wein getrunken – mehr als üblich“, erinnerte sich der Täter. Nach mehreren Stunden auf dem Fest und einige Gläser Alkohol später entschloss man sich, den Heimweg zu Fuß durch den Wald nach Königsbach-Stein anzutreten. Zunächst noch zu dritt, später dann zu zweit – weil der Ehemann des Angeklagten vorausgelaufen war. Zwischen Opfer und Täter sei es aufgrund verschiedener Themen dann zu einem Streit gekommen. Provoziert von dem 22-Jährigen, sei dem 45-Jährigen schlussendlich „der Kragen geplatzt“. Er habe seinen Kumpel geschubst. Das Nächste, an was er sich erinnern kann, sei, dass er das Glied seines Kumpels in seinem Mund hatte. Doch wie es zu dieser sexuellen Handlung gekommen sei, daran könne sich der Angeklagte nicht mehr erinnern. Nicht die einzige Lücke in der Erinnerung an den Abend. Auch das Opfer konnte gestern die Tat nicht detailliert wiedergeben. Der 22-Jährige könne sich etwa nicht an den vorausgegangenen Streit erinnern oder sich auch nicht erklären, wie der Angeklagte es geschafft hatte, ihm die Hose auszuziehen. Fragen, vor denen auch Richter Udo Pawlischta und Oberamtsanwalt Bernhard Martin gestern standen, aber keine konkreten Antworten bekamen. Denn: Frühere sexuelle Anziehungen zwischen den beiden bestritt der Angeklagte auf Nachfrage des Richters strikt: „Es war schon immer eine reine Freundschaft.“ Hinzu kommt, dass der 22-Jährige gestern deutlich betonte, heterosexuell zu sein.
Martin hatte dem 45-Jährigen Vergewaltigung vorgeworfen. Pawlischta sprach in seiner Urteilsbegründung von einem sexuellen Übergriff – in Form von Oralverkehr. Der Richter hielt dem Angeklagten zugute, dass dieser stark betrunken war: Der zuständige Sachverständige attestierte immerhin über zwei Promille. Das wiederum und auch die Gedächtnislücken lassen laut dem Sachverständigen auf eine Einschränkung der Impulskontrolle schließen. Wegen des guten Eindrucks des Angeklagten vor Gericht und dessen langjährigen Arbeitsverhältnisses rechne man laut Pawlischta zudem mit einer positiven Zukunftsprognose.