Grundstück wird für Hochwasserschutz gebraucht: Diesem Eigentümer in der Region droht Enteignung
Engelsbrand/Enzkreis. Es ist kurios: Seit 20 Jahren scheitert der Hochwasserschutz in Engelsbrand am Eigentümer einer Wiese. Hier sollte schon lange ein Regenumlaufbecken gebaut werden, damit der Ortsteil Engelsbrand nicht alle paar Jahre überflutet wird. Aber: Der Mann will nicht verkaufen. Ein Anwalt prüft jetzt die Enteignung.
Wenn der Starkregen kommt, ist Christian Fruhner gewappnet. Der Gemeinderat (SPD und Bürgerliste) aus dem Teilort Engelsbrand wohnt direkt an der Ortsdurchfahrt – und damit mitten im „Überflutungsgebiet“, wie er sagt: „Ich bin einigermaßen gut vorbereitet. Wassersauger, Tauchpumpe, Wasserschieber und Sandsäcke stehen jederzeit griffbereit.“ Alle paar Jahre fließt das Wasser in Strömen von Salmbach den Hang runter. Das wäre zu vermeiden: mit einem Regenumlaufbecken auf einem Wiesengrundstück am Hang, das das gesamte Wasser aus Salmbach erstmal aufhalten würde. Das Problem: Der Eigentümer will nicht verkaufen.
Seit 20 Jahren redet die Gemeinde auf ihn ein, ohne Erfolg. Seit vier Jahren lotet jetzt ein Anwalt aus, ob der Mann, der selbst nicht in Engelsbrand – sondern laut PZ-Informationen in einem Nachbarort – wohnt, enteignet werden kann. Zum Schutz aller anderen.
„Ich bin kein Freund von Enteignungen“, sagt Bürgermeister Thomas Keller (FDP): „Das Recht auf Eigentum ist für mich eines der höchsten Güter.“ Aber: „Wir sind auch der Gemeinde verpflichtet.“ Und eben dieses Regenumlaufbecken sei ein wichtiger „Mosaikstein“ im Kampf gegen das Hochwasser. Die Enteignung sei aber das „letzte scharfe Schwert“, sagt Keller.
Das Verfahren für eine Enteignung ist komplex und dauert lange. Die Gemeinde muss rechtlich sicherstellen, dass keine andere Alternative für den Hochwasserschutz möglich ist (siehe: „So kann die Gemeinde Eigentum enteignen“). Auch für Gemeinderat Fruhner ist klar: „Das Thema Zwangsenteignung darf nur das aller letzte Mittel der Wahl sein.“ Aber die Regenereignisse nehmen zu, weiß er. Als freiwilliger Feuerwehrmann ist er selbst regelmäßig im Einsatz, wenn es darum geht, Keller auszupumpen. „Das Thema Hochwasser und Hochwasserschutz bewegt nahezu den ganzen Ort“, sagt er. Der Druck auf die Verwaltung und den Gemeinderat wächst, sich dem Thema anzunehmen. Deshalb steht die Sache mit dem Starkregenrisikomanagement auf der Prioritätenliste ganz oben, „auch wenn das finanziell die größte Herausforderung der nächsten Jahre sein wird“, sagt Fruhner.
Er und Bürgermeister Keller hoffen auf einen gewissen Lerneffekt beim Eigentümer. Der direkte Gesprächsfaden bleibt erhalten. „Wir hoffen, dass auch durch die Ereignisse im Ahrtal die Erkenntnis bei ihm wächst, dass das nötig ist“, so Keller. Es gehe dem Mann nicht um einen zu niedrigen Preis. Er wolle einfach so nicht verkaufen.
Fruhner richtet sich in einem Appell direkt an den Mann: „Meine persönliche Bitte als betroffener Bürger, als Feuerwehrmann und Gemeinderat: Lassen Sie hier bitte Vernunft walten und helfen Sie uns unkompliziert und schnell. Ich denke der Dank eines ganzen Ortes ist Ihnen gewiss und das sollte doch Ansporn und Motivation genüge sein.“