Engelsbrand
Engelsbrand -  28.11.2019
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Wird Engelsbrand zum Glasfaser-Vorreiter? Privates Unternehmen will alle drei Teilorte mit Breitband versorgen

Engelsbrand. Es klingt so unglaublich, dass auch einige Engelsbrander Gemeinderäte in der Sondersitzung am Mittwochabend aus dem Staunen nicht mehr rauszukommen scheinen. Das private Unternehmen BBV (Breitbandversorgung) Rhein Neckar stellte jetzt Pläne vor, alle Haushalte der drei Teilorte von Engelsbrand ausnahmslos mit modernen Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Eine Vision, die der dafür geschaffene Zweckverband Breitband Enzkreis (ZBE) seit vielen Jahren mühselig vorantreibt. Wenn alles glatt geht, würden auf die Gemeinde Engelsbrand so keinerlei Kosten für den Ausbau zukommen. Das wäre einmalig im Enzkreis.

„Ja, ich will das haben“, macht Gemeinderat Christian Fruhner (SPD) gleich nach den Ausführungen der Firma deutlich – und spricht dabei wohl auch seinen Ratskollegen aus der Seele. Einstimmig beschloss das Gremium, die Ausbauabsichten von BBV zur Kenntnis zu nehmen. Eine Genehmigung braucht das Unternehmen laut Telekommunikationsgesetz dafür nämlich nicht. Schon im Januar will die Firma in die Werbephase gehen, um möglichst viele Engelsbrander für einen Vertrag zu gewinnen. 973 solcher Verträge müssen im Vorfeld bis März abgeschlossen sein, sonst lohnt sich die Investition für den Betrieb nicht. Das sind trotz unterschiedlicher Schätzung von Rat (1800 Haushalte) und Firma (2100 Haushalte) rund 50 Prozent aller Wohneinheiten der Kommune.

Unabhängig davon, ob ein Einwohner dann einen der Zwei-Jahres-Verträge mit der Firma, die gleichzeitig Netzbetreiber ist, abgeschlossen hat, verpflichtet sich das Unternehmen jeden Haushalt mit einem Glasfaseranschluss zu versorgen. Ein späterer Einstieg zum Glasfaser ist dann jederzeit möglich, wenn auch nicht mehr für eine 100-Euro-Aktivierungsgebühr wie zu Beginn, sondern für einen höheren Betrag.

Um vor Ort Werbung zu machen, soll ab Januar ein Info-Mobil der Firma in allen Teilorten Halt machen. Außerdem plant BBV ein Ladengeschäft in Engelsbrand zu eröffnen, in dem sich die Bürger bei täglichen Öffnungszeiten informieren können.

Der Höhenort ist damit die erste Gemeinde im Enzkreis, in die BBV investieren will. Momentan baut die Firma Bretten und seine Teilorte mit Glasfaser aus – auch Sinsheim und umliegenden Ortschaften wurden schon vernetzt. Finanziell möglich macht das dem kleinen Unternehmen mit Sitz im hessischen Dreieich der Infrastrukturfond „Primevest Capital Partners“ aus privaten Investoren. „Das lohnt sich, weil die Investoren mit einer niedrigen Verzinsung auf einen langen Zeitraum planen“, sagt BBV-Geschäftsführer Manfred Maschek.

Ist das Marketing erfolgreich, könnte schon im Juni 2020 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Dazu müssen Straßen aufgerissen und Leerrohre für die Glasfaserkabel gelegt werden. Mit sechs bis zwölf Monaten Bauzeit rechnet der Leiter der BBV-Geschäftsfeldentwicklung Wolfgang Meinolf. Alles in Abstimmung mit der Gemeindeverwaltung, betonen die Verantwortlichen. Die schnelle Bauzeit soll durch schwedische Baufirmen ermöglicht werden. „Dort ist das ganze Land bereits mit Glasfaser versorgt. Wir besorgen denen hier neue Aufträge“, erklärt Maschek: „Dafür bekommen wir einen guten Preis.“

Bürgermeister Thomas Keller spricht von einem „Glücksgriff, dass BBV Engelsbrand ausgesucht hat.“ Dass die Sache fast zu schön ist, um wahr zu sein, ist auch den kritischen Fragen der Gemeinderäte zu entnehmen. „Wo sind die Haken, die wir nicht erkennen?“, sagt beispielhaft Gemeinderat Wolfgang Reich (Grüne Liste).

Zu klären sein wird auch die Nutzung bereits vorhandener Leitungen des ZBE und der Sparkassen IT, die ihrerseits bereits Glasfaser in der Gegend verlegt hat. Auch anstehende Straßenbauarbeiten, wie die Sanierung der Ortsdurchfahrt Salmbach, könnten der Firma für das Verlegen zugute kommen. Wie der Zweckverband auf das Vorhaben reagiert, war bis zum Redaktionsschluss nicht mehr zu erfahren.

Autor: heg