Alles eine Frage der Sorte: Auf den Friolzheimer Äckern wachsen vielfältige Pflanzenarten
Friolzheim. Der durchdachte Pflanzenschutz beginnt bei der Sortenwahl. Das verdeutlichte die diesjährige Felderrundfahrt des Landwirtschaftsamts Enzkreis in Friolzheim. Über 50 interessierte Landwirte versammelten sich am Mittwoch auf den Feldern ihres Kollegen Bernd Benzinger. Zusammen mit Sven Nagel, Pflanzenproduktions-Berater des Landwirtschaftsamts Enzkreis, hat der Landwirt im Herbst eine breitgefächerte Sorten-Demo ausgesät: So konnten die Landwirte mehr als zwei Dutzend Raps- und ein Dutzend Weizensorten an Ort und Stelle direkt vergleichen und mit den Vertretern unterschiedlicher Züchterhäuser und des Agrarhandels diskutieren.
„Die richtige Sortenwahl entscheidet sehr viel über die spätere Entwicklung, Krankheitsanfälligkeit, Robustheit, Qualitätseigenschaften und nicht zuletzt über den Ertrag“, verdeutlichte Benzinger, der seit über 20 Jahren die Demo in Kooperation mit dem Landwirtschaftsamt durchführt und den Mehraufwand gerne für die Kollegen betreibt: „Schließlich profitieren wir selbst am meisten davon, wenn wir die für uns beste Sorte aussuchen können.“ War vor Jahren eine gute Hagelversicherung gefragt, machen den Bauern heutzutage die langen Trockenperioden zu schaffen. Zudem traute Benzinger vor wenigen Tagen seinen Augen kaum, als am Seehaus Schneeflocken lagen und das Thermometer frühmorgens auf drei Grad runterging: „Wenn nicht jetzt, wann dann sollen die Sorten zeigen, was sie können?“
„Wir alle müssen an einem Strang ziehen, um Veränderungen herbeizuführen und ich weiß, dass Sie alle gewillt sind“, ermutigte die Leiterin des Landwirtschaftsamtes, Corinna Benkel, mit Blick auf Klimaextreme, stete Herausforderungen und gleichzeitig Einschränkungen im chemischen Pflanzenschutz sowie hohe Dünger- und Dieselpreise. Eine interessante Rolle könnten vor diesem Hintergrund zukünftig Biostimulanzien spielen, erklärte Dominic Pflieger. Er präsentierte den Landwirten ein Algenprodukt aus südfranzösischem Seetang mit Zugabe von Phosphat und Kalium, das auch Benzinger in einem Streifen quer über die Rapssorten hinweg ausgebracht hatte und einen erhöhten Anteil an Feinwurzeln feststellte. „Insbesondere auf Grenzstandorten, wo Bodenqualitäten limitierend wirken, können die Algen helfen, dem Trockenstress vorzubeugen“, erklärte Pflieger.
Neben digitalen Gelbfangschalen, die per Kamera und App über das Schädlingsvorkommen im Feld informieren können, staunten die Landwirte über die Drohnen-Expertise von Robin Mink. In seiner Doktorarbeit hat der Hohenheimer Agrarwissenschaftler zusammen mit Alexander Linn Technologien entwickelt, mit denen er über Luftbilder Unkräuter von Kulturpflanzen unterscheiden kann, um so die Bekämpfung zielgerichtet auf Teilflächen zu reduzieren. Je nach Auflösung können die beiden Start-Up-Unternehmer auf Großbetrieben im Osten bis zu 100 Hektar pro Stunde überfliegen und mithilfe Künstlicher Intelligenz Karten erstellen, mit denen die Landwirte je nach Verunkrautung 50 bis 90 Prozent der Mittel und Kosten sparen können. Auch im Enzkreis kommen Drohnen in der Landwirtschaft immer häufiger zum Einsatz – beispielsweise bei der biologischen Maiszünsler-Bekämpfung oder der Rehkitzsuche vor dem Wiesenmähen.