Heimsheim
Enzkreis -  17.06.2023
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Einfluss auf die heimische Wirtschaft: Werden in Zukunft Gewerbeplätze verpachtet statt verkauft?

Enzkreis. Bisher läuft es so: Eine Gemeinde erschließt ein neues Gewerbegebiet, zum Beispiel als Interkommunales Gewerbegebiet (IKG) mit einer Nachbarkommune, und verkauft die Bauplätze anschließend an Firmen, die sich mit ihrem Standort ansiedeln möchten. Mit dem Verkaufserlös deckt die Kommune die Kosten, die ihr bei der Erschließung der Bauplätze entstanden sind. Es entstehen wohnortnahe Arbeitsplätze und die Gemeinde kann sich über die Einnahmen aus der Gewerbesteuer freuen. Es könnte aber auch anders gehen.

Baustellen Birkenfeld IKG Dammfeld
Auch im Zuge des Gewerbegebiets Dammfeld zwischen Birkenfeld und Keltern wurde über die Verpachtung von Grundstücken nachgedacht. Meyer Foto: Credit

Und zwar so: Die Gemeinde erschließt das Gewerbegebiet mit allem drum und dran – und verpachtet die Bauplätze, statt sie zu verkaufen. Immer wieder gibt es in den Gemeinderäten im Enzkreis diese Diskussion, ob man die Bauplätze nicht in eigener Hand belassen sollte. Damit könne man drohendem Leerstand entgegenwirken, wenn eine Firma ihren Betrieb einstellt und sich nicht schnell ein Nachfolger findet, sagen die Befürworter.

Jüngstes Beispiel ist Birkenfeld. Bei der Diskussion um das IKG Dammfeld, das die Gemeinde zusammen mit Keltern realisiert hat, wurde im November im Gemeinderat diskutiert, ob man die wenigen verbliebenen Bauflächen statt wie die anderen zu verkaufen, lieber über das sogenannte Erbbaurecht verpachten solle.

Beim Erbbau handelt es sich um ein zeitlich begrenztes Recht, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu bauen und zu nutzen, erklärt das Landratsamt Enzkreis. Für die Nutzung des Grundstücks zahlt der Pächter dem Verpächter eine monatliche oder jährliche Rate, den sogenannten Erbbauzins. Dessen Höhe, Laufzeiten und eventuelle Auflagen werden verhandelt und in einem Vertrag festgehalten.

Das besondere am Erbbaurecht: Das Eigentum am Grundstück und das Eigentum am Gebäude fallen auseinander – das heißt, sie liegen nicht bei ein und derselben Person, sondern das Grundstück bleibt im Besitz der Gemeinde. Nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit fällt das Eigentum am Gebäude dem Grundstückseigentümer zu, der dafür dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung zahlt.

Der Vorteil ist also: Die Gemeinde hat den Daumen auf den Grundstücken, kann Leerstand durch einen neuen Vertrag mit einer anderen Firma schnell beheben und bei Vertragsverletzung einer Firma kündigen. Der Nachteil: Das Modell habe erwiesenermaßen eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Firmen, wie ein Experte dem Birkenfelder Gemeinderat erklärte. Am Ende entschied man sich dazu, das Thema Erbpacht im Fall Dammfeld II nicht weiter zu verfolgen.

Dass sich das Vorgehen bisher nicht durchgesetzt hat, wundert Bürgermeister-Sprecher Michael Schmidt nicht. „Von einem Trend kann man leider nicht sprechen“, sagt er, auf die Verpachtung von Gewerbeplätzen angesprochen. Auch in seiner Gemeinde Neulingen sei im Zuge der Überlegungen eines IKG im Gemeinderat andiskutiert worden. Auch hier war der Hintergrund, dass man „teils suboptimalen Entwicklungen“ wie längere Leerstände und damit den Verlust von Arbeitsplätzen vermeiden wollte. Aber: „Mir ist keine Gemeinde im Enzkreis (oder auch sonst wo) bekannt, wo das dann tatsächlich auch umgesetzt wurde.“

Zu langsamer Geldrückfluss

Das Problem sei, dass die Gemeinden durch die Erschließung erstmal „sehr viel Geld in die Hand nehmen“ müsste und mit sehr langem Atem auf Rückflüsse verzichten können müsste. „Das dürfte für kaum eine Gemeinde wirklich darstellbar sein“, so Schmidt. Darstellbar sieht er so ein Vorgehen eher im Bereich des Wohnungsbaus, auf den sich solche Überlegungen seiner Meinung nach fokussieren sollten. „Hier natürlich nicht wegen einer negativen Prognose für die Zukunft (mit eventuellen Leerständen), sondern um den Wohnraum bezahlbarer zu machen.“

Autor: heg