Heimsheim
Enzkreis -  08.03.2024
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Jahresbericht des Jugendamts zeigt: Immer mehr Kinder brauchen psychologische Hilfe

Enzkreis/Pforzheim. „Die Herausforderungen dieses Jahr bleiben, sie verändern sich nur“, hat Katja Kreeb, die Kreisdezernentin für Familie und Soziales, am Montag den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses klargemacht. In der Ausschusssitzung wurde unter anderem der Jahresbericht des Jugendamtes vorgestellt. Es wurde über wesentliche Entwicklungen im Jahr 2023 berichtet sowie ein Ausblick auf 2024 gewährt.

Beratungsstelle KISTE
Foto: Meyer

Zu den Zahlen des vergangenen Jahres sagte Christopher-Tom Reimann, der Leiter Jugendamtes: Sein Amt sei 2023 in 175 Fällen in Sachen Kinderjugendschutz informiert worden. In 64 der Fälle wurden die Kinder in Obhut genommen, bei elf musste sogar das Familiengericht hinzugezogen werden. 2019 waren es noch insgesamt 136 Fälle mit 33 in Obhut genommen Kindern. Dafür musste 14 Mal das Familiengericht hinzugezogen werden. Am häufigsten wurde das Jugendamt durch die Polizei, das Gericht oder die Staatsanwaltschaft informiert, nämlich 39 Mal. Besonders häufig würde es um Kinder unter drei Jahren und zwischen drei und sechs Jahren gehen, so Heimann.

Mehr Arbeit hatten auch die Erziehungsberatungsstellen des Enzkreises. Silke Kaiser-Malolepszy, Diplompsychologin und Leiterin der Beratungsstelle für Kindern, Jugendlichen und Familien Enzkreis Pforzheim, sprach vor allem über zwei große Probleme. Zum einen belasteten Post-Covid, Krieg und die finanzielle Situation die Menschen sehr, zum anderen falle auch das Gesundheitssystem oft aus. So hätten viele Kinderärzte keine Zeit, oder Psychiater hätten keine Plätze mehr. Vor allem die Zeit während Corona habe die Kinder sehr belastet. „Ein halbes Jahr ohne soziale Kontakte ist für Kinder sehr lange“, so Kaiser-Malolepszy. Viele Kinder litten unter Depressionen, sozialen Ängsten und Essstörungen. Auch seien Schüler vermehrt Cybermobbing und rassistische Äußerungen ausgesetzt.

Laut Gökhan Argun, Leiter der Beratungsstelle in Mühlacker, gab es in der Senderstadt 2022 noch 850 Fälle, im vergangenen Jahr seien es 946 gewesen. Das sei ein enormer Anstieg. Auch würden sich viele Schulen und Kindergärten melden und anfragen, wie man mit den Nöten der Kinder umgehen solle. Das bringe die Fachkräfte an ihre Grenzen. Früher habe man oft bei der Erziehung geholfen, heute müsse man vor allem psychologische Beratung leisten.

Doch es gibt im Sozialen auch bürokratische Herausforderungen. Eines der größeren Probleme, so Dezernentin Kreeb, sei die neu eingeführte E-Akte. Die Umstellung darauf sei gerade noch „spaßfrei“ und keine Arbeitserleichterung. Doch das würde sich bald ändern. Auch seien die vielen Flüchtlingskinder ein Problem. Zwar gebe es unter ihnen noch recht wenige aus der Ukraine, doch es kämen viele Kinder aus Ländern außerhalb Europas. Dabei würde man vor allem den Fachkräftemangel spüren. „Das wird sich auch nicht verbessern in den nächsten Jahren“, so Kreeb: „Früher hat man drei Träger angerufen, und ein Kind hatte einen Platz. Jetzt findet man selbst bei 40 bis 50 Anrufen nichts.“

Autor: ron