Kartoffelbauern lassen sich nicht entmutigen
Mühlacker/Enzkreis. Im feuchtwarmen Jahr 2021 hatten die Kartoffelbauern in der Region ebenso wie die Tomatengärtner alle Hände voll zu tun, ihre Pflanzen vor der Krautfäule zu schützen. In diesem Jahr stehen sie vor einer anderen Herausforderung, wie ihr banger Blick gen Himmel zeigt: Wann wird es endlich wieder richtig regnen? Die tolle Knolle kämpft mit der Trockenheit der vergangenen Wochen, wie Anbauberater Heiko Höllmüller vom Kartoffelberatungsdienst Heilbronn bei einer gemeinsamen Felderbegehung des Landwirtschaftsamts Enzkreis auf dem Betrieb von Karl Stahl in Mühlacker-Lomersheim unterstrich.
Während Raps und Wintergetreide vielerorts von den ausgiebigen Niederschlägen im Herbst und Winter zehren konnten, geht der Kartoffel ebenso wie dem Mais und den Zuckerrüben langsam das Wasser aus. „Außer an ein paar wenigen Oasen, die rechtzeitig ein ordentlicher Landregen erreichte, machen sich die Hitze und starke Trockenheit überall im Land bemerkbar“, verdeutlicht Höllmüller, während er den Karst zur Probeernte in den teils verkrusteten Boden schlägt. Nur wenige Landwirte in der Region haben effektive Möglichkeiten zur Beregnung oder setzen diese behutsam für trockenheitsanfälligere Gemüsekulturen ein. Während die Frühkartoffeln bereits geerntet und großteils vermarktet sind, kämen in den späten Lagersorten die Roder eigentlich erst in vier Wochen richtig zum Einsatz – nicht so in diesem Jahr: „Die hohen Temperaturen haben mancherorts für eine vier Wochen frühere Abreife gesorgt – sobald der richtige Stärkegrad erreicht ist, sollte das Kraut entfernt und so schnell wie möglich geerntet werden“, empfiehlt Höllmüller.
So nehmen die Landwirte zwar Ertragseinbußen in Kauf, sichern für den Verbraucher aber eine optimale Qualität der Knollen. Denn: Unter der anhaltenden Hitze beginnt die Pflanze schon, das Wasser rückwärts aus der Knolle zu ziehen. Gleichzeitig stehen hungrige und durstige Drahtwürmer in den Startlöchern und unbedeckte, rissige Dämme bergen bei zu viel Sonnenlicht die Gefahr grüner Stellen: „Das Kartoffellager im Damm ist in diesem Jahr eine tickende Zeitbombe.“ Andererseits seien die Knollen bei Hitze umso schlagempfindlicher gegen trockene Erdbrocken, weshalb Regen jetzt zwar nicht mehr das Wachstum fördern, aber die schonende Ernte begünstigen würde.
„Wir Landwirte sind wechselnde Herausforderungen gewohnt“, blickt Stahl mit seinen Kollegen dennoch optimistisch auf die anstehende Ernte. Neben schonender Bodenbearbeitung oder Zwischenfrüchten über Winter greift er auf tolerantere Sorten zurück. Insgesamt baut er auf drei Hektar 15 Kartoffelsorten an, die sich je nach Kundenvorliebe insbesondere auch in den Koch- und Geschmackseigenschaften unterscheiden. Ergänzt durch einen vielfältigen Gemüseanbau und Frischmilch aus eigenem Stall hat die Familie immer mehr den Weg Richtung Direktvermarktung eingeschlagen. Während sich viele Hofläden zu Beginn der Corona-Pandemie über eine gesteigerte Nachfrage freuten, führen wirtschaftliche Schwankungen als Folge des Ukraine-Kriegs einige wieder zurück ans Discounter-Regal, stellte die Leiterin des Landwirtschaftsamts Corinna Benkel am Rande der Felderbegehung fest.