Heimsheim
Enzkreis -  14.12.2020
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Krisenzahlen bei Kliniken in der Region: Die Corona-Helden sind müde

Enzkreis. Der Dauereinsatz für Ärzte und Pflegekräfte auf den Corona- und den Intensivstationen geht weiter und weiter. Bei der Regionalen Kliniken Holding RKH steigen die Fallzahlen durch das Virus stetig. Auch Mühlacker, wo man bei der ersten Welle Patienten mit schweren Krankheitsverläufen innerhalb der Holding zu spezialisierten Kliniken verlegt hatte, ist nun mit der Beatmung von Covid-Kranken gefordert. Binnen weniger Tage ist die Zahl dieser schweren Corona-Fälle von einem auf vier gewachsen. Hart an der Belastungsgrenze sei man, sagt RKH-Geschäftsführer Professor Dr. Jörg Martin. Und man richte die Häuser darauf ein, dass der Kampf gegen die Pandemie bis April oder Mai nicht viel leichter werde.

Die Anerkennung für die Menschen, die diesen Kampf führen, sei groß. Doch vom Applaus während der ersten Welle im Frühjahr sei finanziell nicht viel geblieben. Das Versprechen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, kein Krankenhaus dürfe wegen Corona wirtschaftlich leiden, passe nicht zur Realität. Kleine Kliniken wie Mühlacker und Neuenbürg sind tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Insgesamt rechnet RKH-Finanzchef Axel Hechenberger für beide Häuser mit einem Minus von 5,57 Millionen Euro – 1,72 Millionen mehr als ohnehin befürchtet. In der Krise stehen aber auch große Häuser wie das Krankenhaus Ludwigsburg – sonst ein finanzieller Stabilisator innerhalb der Holding – schlecht da.

Während die RKH hilfesuchend nach Berlin und Stuttgart schaut, will der Enzkreis seinen Beitrag als Kostenträger der Kliniken Mühlacker und Neuenbürg leisten. „Die Pandemie hat noch deutlicher gemacht, wie wichtig gute Krankenhäuser sind“, sagt Landrat Bastian Rosenau. Ähnlich formulieren das auch Kreistagsfraktionen wie die Freien Wähler. Das Gremium schluckt die Übernahme des Defizits ohne öffentliches Murren. Dafür setzt man darauf, dass der Ausbau der medizinischen Qualität weitergeht – und sich irgendwann mit besseren Finanzwerten auszahlt. Auf Dauer sei das Einstehen für so hohe Verluste nicht möglich, so Rosenau.

Kreisfinanzdezernent Frank Stephan verteilt die Lasten ein wenig. Seiner Idee, eine Million noch im laufenden Jahr auszugleichen, folgt der Kreistag. Eine weitere Million könne man eventuell bis 2022 schieben. Für zwei Millionen greife man auf Reserven für die Kliniken zurück.

Für die Häuser gibt es ehrgeizige Baupläne, von denen bislang aber nur die Neuenbürger Erweiterung im zuvor verwaisten dritten Stock für Wahlleistungsbetten und eine Kältekammer schon fortgeschritten sind. Einen Betriebsstart im zweiten Quartal 2021 hält RKH-Regionaldirektor Felix Mayer für möglich. Eine Erweiterung samt größerer OP-Kapazitäten soll anstelle des Altbaus folgen.

In Mühlacker ist der Baubeginn für ein Kurz- und Übergangspflegeheim als erster Teil eines Gesundheitscampus auf 2021 verschoben worden. Mit Partner Bethesda soll es im März aber losgehen, so Mayer. Für ein Ärztehaus gebe es mittlerweile drei interessierte Investoren. Auch medizinisch werden in Mühlacker neue Weichen gestellt. Zur Erweiterung der Leistungen. Aber auch einige hausgemachte Probleme müssen gelöst werden. So ist der Kreißsaal noch immer geschlossen. Neuer Termin für eine Wiedereröffnung mit neuen Hebammen: Ende 2021. Und der Weggang führender Ärzte macht neue Konzepte etwa für die Allgemeinchirurgie nötig.

Autor: hei