Heimsheim
Enzkreis -  14.08.2023
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Naturpark Stromberg-Heuchelberg: Ein interaktives Erlebnis in vielfältiger Landschaft

Enzkreis. Geschäftsführer Dietmar Gretter vom Naturparkzentrum an der Ehmetsklinge ist sich sicher: „Gerade auch für Kinder gibt es hier bei uns viel zu entdecken. Eine Vielzahl an interaktiven Elementen zum Anfassen, Aufklappen, Berühren, Herausziehen, Hinaufklettern oder Durchkrabbeln spricht Kinder jeden Alters an.“ Und für alle Gäste gilt: Der Naturpark Stromberg-Heuchelberg ist ein wahres Erlebnisland direkt vor der Haustür.

Wie eine Insel ragt das Keuperbergland von Stromberg und Heuchelberg aus dem sanftwelligen Hügelland von Kraichgau und Neckarbecken. Lein, Zaber, Kirchbach und Metter mit ihren Tälern geben ihm die Form einer zum Gruß geöffneten Hand. Die Experten rechnen Stromberg, Heuchelberg und Zabergäu mal zum Kraichgau dazu, mal charakterisieren sie sie als eigenständige Landschaften. Je nachdem ob man Touristiker, Geologen, Landesplaner oder Historiker heranzieht.

Insel des Wohlbefindens

In geschichtlicher und touristischer Betrachtung sind die Landschaften so eng verzahnt, dass der Naturpark Stromberg-Heuchelberg in einer Beschreibung des Kraichgaus nicht fehlen darf. Im harmonischen Zusammenspiel von Natur und Kultur bildet der Naturpark eine abwechslungsreiche Szenerie mit südländischer Anmutung, wie geschaffen, um dem Alltagsstress zu entfliehen. Nicht spektakulär und grandios, eher sinnlich und beschaulich. Eine Insel des Wohlbefindens. Ausgedehnte Laubwälder, Weinberge und Obstwiesen mit reicher Tier- und Pflanzenwelt, die zum Wandern und Radfahren einladen. Altes Siedlungsland, das der Mensch durch seine Kultur geprägt hat: durch Weinbau, durch Burgen und Kirchen, mit dem Weltkulturerbe Kloster Maulbronn als glanzvollem Höhepunkt.

Das Leitmotiv „Wein. Wald. Wohlfühlen.“ bringt den Charakter der Naturparklandschaft auf den Punkt. Ein traditionsreiches Land, dessen friedvolle Gegenwart im Kontrast zu einer bisweilen turbulenten Militärgeschichte steht. Eines, das Feste zu feiern versteht – und in dem Gastlichkeit und Lebensart großgeschrieben werden. Mit weiten Ausblicken, sanften Konturen, Naturnähe, vielfältigem Wechsel und sanfter Stille hat der Stromberg-Heuchelberg alles, was eine schöne Landschaft ausmacht. Mit rund 40 000 Hektar Fläche ist der Naturpark Stromberg-Heuchelberg eines der kleineren Großschutzgebiete im Land. Doch für die umgebenden städtischen Ballungsräume Karlsruhe, Pforzheim, Ludwigsburg und Heilbronn ist diese Insel der Ruhe und Erholung ein begehrtes Ausflugsziel, quasi der idyllische Hinterhof.

Von Menschenhand geprägte Landschaft

Charakteristisch und einzigartig die Abfolge der Landnutzung: naturnahe Laubwälder auf den Nordhängen und Höhenrücken, die Südhänge dem Weinbau vorbehalten, Wiesen und Gewässer in den Tälern. Dort verlaufen Flüsschen, an denen perlschnurartig die gemütlichen Ortschaften mit vielen Fachwerkhäusern aufgereiht sind. Ursprüngliche Lokale, aber auch viele Besenwirtschaften laden zum Verweilen ein. Fast ein Drittel des Naturparks zählt als Natura 2000-Gebiet zu Europas besonderem Naturerbe. Pflanzen wie Diptam und Orchideen, Speierling und Elsbeere und seltene Tierarten wie Wildkatze, Mittelspecht oder Hirschkäfer finden in der Naturoase im Norden Stuttgarts eine Rückzugsinsel. Kennzeichnend für alle Naturparke: Es handelt sich nicht um Wildnis, sondern um von Menschenhand geprägte Naturlandschaften, die ohne die althergebrachte menschliche Bewirtschaftung rasch ihren Charakter ändern würden. Hauptaufgabe des Naturparkvereins Stromberg-Heuchelberg ist es, die Landschaft mit ihrer wertvollen Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten und gleichzeitig für die Besucher erlebbar zu machen. Wer blühende Streuobstwiesen, schattige Wälder und sonnige Rebhänge liebt, ist im Naturpark gut aufgehoben. Und wer persönlich zum Erhalt der Naturparklandschaft beitragen möchte, dem wird geraten: Einfach nur genießen! Sei es auf einem der Naturparkmärkte oder bei einem Naturparkwirt, beim Brunch auf dem Bauernhof oder in den GenussScheunen Diefenbach und Cleebronn.

Aktives Naturerlebnis

Mit dem Genuss der regional erzeugten Produkte kann jeder zugleich nach der Devise „Landschaftspflege mit Messer und Gabel“ am Erhalt der Landschaft mitwirken. Wandern auf einem der zahlreichen Wanderwege – allen voran der Qualitätswanderweg entlang der Eppinger Linien zwischen Eppingen und Mühlacker -, Rad fahren, Barfußpfad Ötisheim, Streuobsterlebnispfad Sulzfeld, Wasserwelt Zaberfeld: Der Naturpark bietet zahlreiche Möglichkeiten, ihn aktiv zu entdecken. Bei Radlern im Trend: das Gravelbike, eine Art geländegängiges Rennrad. Die Wälder und Weinberge des Naturparks können geradezu als El Dorado für Gravelbiker gelten. Mitten im Naturpark, mitten in der Natur gelegen, informiert das Naturparkzentrum an der Ehmetsklinge in Zaberfeld mit seiner interaktiven Erlebnisschau über Natur und Landschaft der Naturoase zwischen Pforzheim und Heilbronn. Mit Kletterwand, Geräuschtunnel, Hörstationen, Multivisionsschau und vielem mehr können sich Naturliebhaber auf einen Besuch der Wein-Wald-Region einstimmen. Im Außenbereich lockt die Wildkräuter-Welt mit mehr als 100 einheimischen Pflanzenarten nicht nur Insekten und Vögel, sondern auch Pflanzen- und Gartenliebhaber.

Das Land der Wildkatzen

Auf leisen Pfoten kehrte die Wildkatze in den vergangenen Jahren in den Naturpark Stromberg-Heuchelberg zurück. Seit 1912 galten die scheuen Waldbewohner in ganz Baden-Württemberg als ausgestorben. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahrzehnten Hinweise auf die Rückkehr der Wildkatze, auch im Stromberg-Gebiet, es sollte aber bis 2006 dauern, ehe der erste gesicherte Nachweis einer Wildkatze am Kaiserstuhl erfolgte. Das Tier war über den Rhein aus den Vogesen ins Ländle gelangt. Und im Jahr 2011 gelang dann auch im Naturpark Stromberg-Heuchelberg anhand des Fundes einer überfahrenen, grau-getigerten Katze der Nachweis der faszinierenden Mäusejäger. Äußerlich ist die Wildkatze kaum von ihren Verwandten, den Hauskatzen, zu unterscheiden. Ein buschiger Ringelschwanz mit schwarzer Schwanzspitze, ein verwaschen ockergrau getigertes Fell und ein Aalstrich auf dem Rücken sind die wichtigsten Erkennungsmerkmale. Endgültige Sicherheit kann aber erst eine genetische Analyse geben. Um an geeignetes Gewebematerial für die Genanalyse zu gelangen, greifen die Forscher in die wildbiologische Trickkiste.

Im Winter, während der Ranzzeit der Wildkatze, werden Lockstöcke, das sind aufgeraute Holzpflöcke oder Dachlatten, im Wald ausgebracht und mit Baldriantinktur besprüht. Der Duft lockt paarungswillige Katzen an. Sie reiben sich nach Katzenart an den Lockstöcken und hinterlassen dabei Haare, die im Labor untersucht werden. In mehreren Lockstockaktionen konnte die Wildkatze im Naturpark eindeutig nachgewiesen werden. Ein überfahrener Kater an der B 35 bei Knittlingen bestätigte im Jahr 2015 zusätzlich das Wildkatzenvorkommen im Naturpark. Der jüngste Nachweis stammt aus dem Jahr 2018. Ein verendetes, wenige Wochen altes Jungkätzchen in einem Brennholzstapel stellte sich ebenfalls als Wildkatze heraus. Auch wenn ihr Vorkommen im Naturpark nachgewiesen ist: Der Lebensraum der Wildkatzen im Stromberg und in Baden-Württemberg wurde im Zuge der zunehmenden Besiedlung und der intensiveren Nutzung von wertvollen Natur- und Kulturlandschaften ziemlich eingeschränkt. Um das Vorkommen der Wildkatze zu fördern, ist der Naturpark Stromberg-Heuchelberg auf drei Handlungsfeldern aktiv:


1. Monitoring des Bestandes an Wildkatzen:

Im zwei- bis dreijährigen Turnus werden Lockstockaktionen, unterstützt durch Wildkameras, durchgeführt. Dabei wird das gesamte Naturpark-Netzwerk aus Förstern, Jägern, Naturschützern und Naturparkführern eingebunden. Die Lockstockaktionen werden eng mit der Forstlichen Versuchsanstalt (FVA) in Freiburg abgestimmt. Die Naturparkgeschäftsstelle ist für die Bevölkerung der Region eine wichtige Anlaufstelle bei Totfunden oder „wildkatzenverdächtigen“ Beobachtungen.

2. Lebensraumverbesserung:

Die vielfältige, kleinteilig gegliederte Kulturlandschaft des Naturparks mit wertvollen Lebensräumen wie naturnahen Wäldern und Bächen oder Streuobstwiesen bietet der Wildkatze grundsätzlich sehr gute Lebensräume. Für die Jungenaufzucht benötigt die Wildkatze sichere Verstecke. Künstliche Baumhöhlen aus Eiche können hier Engpässe in der natürlichen Ausstattung mit Höhlen überwinden helfen.

3. Bewusstseinsbildung:

Kaum jemand bekommt die Tarnkünstler je zu Gesicht. Mit der Wildkatzenwelt Stromberg am Naturparkzentrum, der größten Wildkatzenausstellung Süddeutschlands, rückt der Naturpark die faszinierende Tierart in den Blickpunkt. Ganz nach dem Motto: „Entdecke das Phantom des Strombergs.“

Autor: pm