Plädoyer gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit
Enzkreis. Im Rahmen ihres „Digitalen Salons“ warb die Grünen-Landtagsabgeordnete aus Mühlacker für ein friedliches Miteinander.
„Ich finde es unerträglich, dass der 23. Februar Jahr für Jahr von Nazis für ihren Hass und ihre Menschenfeindlichkeit missbraucht wird“, so die Enzkreis-Landtagsabgeordnete der Grünen, Stefanie Seemann. Grund genug für sie, an diesem besonderen Tag für Pforzheim, den Begriff Heimat in ihrem „Digitalen Salon“ im Internet zu thematisieren und sich mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras darüber auszutauschen.
Es ist der Gedenktag an die britischen Bombenangriffe auf Pforzheim im Jahr 1945. Das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges dürfe nicht dazu genutzt werden, Menschen erneut in „die“ und „wir“ einzuteilen. Die beiden Frauen haben bereits Anfang der 1990er-Jahre ihre politische Heimat bei Bündnis 90/Die Grünen gefunden. Während Stefanie Seemann aus dem Enzkreis stammt und auch fast ihr ganzes bisheriges Leben dort verbrachte, wurde Muhterem Aras in Anatolien geboren als Tochter alevitischer Kurden und kam mit zwölf Jahren nach Deutschland.
Diese unterschiedlichen Lebensgeschichten führten zu ganz eigenen Vorstellungen von Heimat. „Für mich hat Heimat mit Emotionen zu tun“, erklärte Muhterem Aras. „Die Gesellschaft, mit deren Werten ich mich identifiziere, meine Familie, meine Freunde, mein Lebensmittelpunkt sind für mich Heimat.“ Sie verglich den Begriff mit einer Zwiebel, deren innerste Schicht für sie Stuttgart ist, umgeben von Baden-Württemberg, Deutschland und Europa. Jede Gesellschaft brauche jedoch auch Symbolik, die nicht missbraucht werden darf. Die Farben Schwarz, Rot, Gold stünden für die erste deutsche Demokratiebewegung, für Aufbruch und Freiheit. Aras betonte, dass sie verbinden können und man daher deren Gebrauch nicht den Rechtsextremen überlassen sollte. „Das Grundgesetz sollte unser Orientierungskompass sein mit den Werten, die wir verteidigen müssen“, so Aras. „Schon Artikel 1 unterscheidet nicht zwischen Herkunft oder Hautfarbe. Die Deutschen tun sich schwer mit der Formulierung, stolz auf etwas zu sein. Auf unser Grundgesetz können wir aber mit Recht stolz sein.“ Sie hat gemeinsam mit dem renommierten Tübinger Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger unter dem Titel „Heimat. Kann die weg?“ ein Buch zu dem bewegenden Thema verfasst.
Etwa 25 Teilnehmer gestalteten den Dialog und es wurden unterschiedlichste Heimatbegriffe diskutiert. Während für die einen nur eine Heimat möglich ist, verspüren andere an verschiedenen Orten Heimatgefühle. Heimat ist ein Wohlfühlort, waren sich alle Teilnehmer einig. In den letzten 20 Jahren hat sich der Heimatbegriff gerade bei den jungen Leuten sehr verändert, berichtete Schulleiter Gerhard Keitel. „Die jungen Menschen haben kein Ost- und Westdeutschland erlebt und auch keine Grenzen. Sie sehen sich immer mehr als Europäer oder Weltbürger“.
Dass der Heimatbegriff sich immer verändert hat und das auch heute noch tut, fasste Seemann zusammen. „Wir brauchen Offenheit und müssen auch Verantwortung für andere übernehmen, um den Menschen ein Gefühl für Heimat zu geben.“ pm