Heimsheim
Enzkreis -  10.12.2025
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Sie wollte ins Bett, dann steht jemand im Türrahmen: Mann nach Einbruch in Illingen vor Gericht

Enzkreis/Pforzheim. Es ist mitten in der Nacht, kurz nach 1 Uhr, am 10. Juli dieses Jahres. Die Bewohnerin des ersten Obergeschosses eines Hauses am Ortsrand von Illingen liest noch im Bett. Da geht ganz leise die Tür auf. Im Türrahmen steht ein fremder Mann. Er erschrickt, genauso wie die Frau. Er dreht sich um und springt ohne Beute vom Balkon. Die Frau wählt um 1.12 Uhr den Notruf der Polizei. Rund eine Stunde später wird der Mann festgenommen.

Amtsgericht Landgericht Pforzheim
Im Schöffengericht wird entschieden: Gefängnis für den Einbrecher. Foto: Pforzheimer Zeitung

Wegen versuchten schweren Einbruchdiebstahls mit Waffen – er hatte ein Pfefferspray bei sich – verurteilte ihn am Dienstag das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Stephanie Gauß zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Das Urteil fiel etwas milder aus, als von Staatsanwältin Annika Siry beantragt, die zwei Jahre und drei Monate gefordert hatte, aber deutlich härter, als es Verteidiger Stefan Rothenstein für angemessen erachtet hatte.

Er hielt eine Freiheitsstrafe von acht Monaten ausreichend. Da der Angeklagte seit Juli in Untersuchungshaft sitzt, könnten die restlichen drei Monate zur Bewährung ausgesetzt und der Haftbefehl aufgehoben werden. Wozu sich das Gericht allerdings nicht durchringen konnte, denn: Bereits im Januar desselben Jahres war der 31-Jährige aus Moldawien wegen Einbruchdiebstahls zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Nach einer so kurzen Rückfallgeschwindigkeit komme eine nochmalige Bewährung nicht in Betracht, begründete Richterin Gauß das Urteil.

Wie sich in der Verhandlung ergab, hatte der Vater von drei Kindern in seiner Heimat Kredite aufnehmen müssen. Die sollten plötzlich schnellstens zurückgezahlt werden. Da er das nicht konnte, versuchte der gelernte Maler in Deutschland Geld zu verdienen. Er wurde nicht angemeldet, die versprochene Wohnung gab es nicht, nur einen Schlafplatz, und Geld floss nur „tröpfchenweise“ oder gar nicht.

So kam er auf die Idee, in Wohnungen einzubrechen, um seine Familie ernähren zu können. Wobei er sich als geschickter Fassadenkletterer erwies, wie der ermittelnde Polizeibeamte als Zeuge beredt berichtete. Auch nur gekippte Fenster waren, wie er in Illingen bewies, kein Hindernis. Hier hatte er einen im Garten stehenden Liegestuhl als „Kletterhilfe“ benutzt und durch das Kippfester die Balkontür öffnen können.

Die 69-jährige Hausbesitzerin erlitt einen Schock, hatte tagelang Herzrasen und Angstzustände, die sich erst während einer Therapie legten, wie der behandelnde Psychologe dem Gericht mitteilte.

Staatsanwältin und Verteidiger hoben das umfassende Geständnis des Angeklagten hervor, der die Tat auch schon bei der Polizei gestanden hatte. Denn richtig beweisbar wäre sie möglicherweise nicht gewesen: Die Hausbesitzerin konnte den Mann nur vage beschreiben; er war vermummt gewesen, Fingerabdrücke gab es nicht, die Beweislage war also eher schwach.

Dennoch konnte es für den unter Bewährung stehenden Rückfalltäter keine weitere Milde geben.

Autor: vie