Sorge um Opfer häuslicher Gewalt in Zeiten von Corona - Das ist die aktuelle Situation in der Region
Enzkreis/Pforzheim. Mit dem Thema häusliche Gewalt in Zeiten der Pandemie hat sich die Landtagsabgeordnete Stefanie Seemann von den Grünen beschäftigt. Sie habe in der vergangenen Woche mit etlichen Institutionen gesprochen, die in Pforzheim und dem Enzkreis in diesem Bereich tätig sind, berichtet Seemann im Gespräch mit der PZ. So unter anderem mit der Fachstelle für häusliche Gewalt, dem Frauenhaus, der Diakonie, der Beratungsstelle Lilith und dem Kinderschutzbund.
Ergebnis: Derzeit seien die Fallzahlen nicht gestiegen.
„Nach außen hin ist es relativ ruhig“, so die Abgeordnete.
Die Fachfrauen befürchteten aber, dass die Zahlen in die Höhe schnellen werden, sobald es weitergehende Lockerungen gibt und die Betroffenen wieder leichter Zugang zu den Anlaufstellen haben. „Derzeit ist ihre Chance, selbst zu agieren, beschnitten.“
Kontaktaufnahme erschwert
In den vergangenen Wochen hätten die Frauen keine Möglichkeit gehabt, aus den eigenen vier Wänden zu kommen. Und zu Hause befänden sie sich unter ständiger Beobachtung - das mache eine telefonische Kontaktaufnahme schwer. Bei Kindern und Jugendlichen falle der tägliche Kontakt zu Personen weg, die aufmerksam sind und denen sie sich anvertrauen könnten. Hinzu kämen ganz praktische Probleme: So müssten Frauen für 14 Tage in Quarantäne, bevor sie ins Frauenhaus ziehen dürfen. Für diesen Zweck stehe in Pforzheim zwar ein leeres Hotel zur Verfügung, dennoch sei es eine große Hürde für die Betroffenen. Eine Frau mit Kind habe das Angebot bisher angenommen, weiß Seemann.
In manchen Einrichtungen habe sich die Beratung nun auf das Telefon verlagert. So sei man beispielsweise bei Lilith nach wie vor in Kontakt mit den Mädchen, die vorher schon in die Einrichtung zum Schutz vor sexueller Gewalt kamen - neue Fälle blieben jedoch im Dunkeln. Auch bei der Fachstelle für häusliche Gewalt gebe es telefonische Anfragen, allerdings hätten sich die Themen geändert: Stand früher die Gewalt im Mittelpunkt, gehe es nun um allgemeine Konfliktlösung bei Fragen des Zusammenlebens. Hilfreich sei, dass das Frauenbündnis schon Anfang April auf die neue Lage reagiert und mit Flyern über die wichtigsten Telefonnummern und Internetadressen informiert habe.
Seemann weist darauf hin, dass das Land die Einrichtungen finanziell unterstützen wird. Es gebe Fördermittel in Höhe von insgesamt zwei Millionen Euro, um die Umstellung auf Beratung per Telefon und Internet zu erleichtern. Zuschüsse für die entsprechende technische Ausstattung kann man beim Land beantragen.
Seemann macht den Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt zum Thema ihres „digitalen Salons“ am Mittwoch, 20. Mai, ab 19 Uhr mit Staatssekretärin Bärbl Mielich vom Sozialministerium und der Pforzheimer Frauenbeauftragten Susanne Brückner. Einen Link dazu finden Interessierte unter www.stefanie-seemann.de