Heimsheim
Heimsheim -  08.09.2025
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Streit zwischen Bürgermeister und Gemeinderat geht nun vor Gericht

Heimsheim. Die Auseinandersetzung zwischen Heimsheims Bürgermeister Jürgen Troll und dem Gemeinderat hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Troll hat nicht nur Einspruch gegen den Gemeinderatsbeschluss, der ihm bei Personaleinstellungen kaum noch Freiheiten lässt, bei der Kommunalaufsicht des Landratsamts eingelegt. Noch bevor dort eine Entscheidung gefallen ist, hat er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage eingereicht. Der Gemeinderat muss reagieren – und hat dafür eine Sondersitzung anberaumt. Diese findet am Montag, 15. September, statt, geleitet von Bürgermeister-Stellvertreter Ralf Rüth (CDU) – Troll ist befangen. Es geht um die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der den Gemeinderat vertritt. Dafür sollen bis zu 10.000 Euro bereitgestellt werden. Und das Gremium muss entscheiden, wie es auf die Klage reagieren will. Denn das Gericht hat die Gegenseite zur Stellungnahme aufgefordert. Troll habe den Gemeinderat per E-Mail über die Klage informiert, sagt Rüth. Warum er nicht die Entscheidung im Landratsamt abgewartet hat? „Das dürfen Sie mich nicht fragen, das hat mich auch verwundert“, sagt Rüth.

Das sagt der Bürgermeister: Troll erklärt, dazu habe er sich nach anwaltlicher Beratung entschlossen. Er spricht von einem „rechtswidrigen Eingriff“ des Gemeinderats in seinen Aufgabenbereich. Die Personalentscheidungen, die man ihm entziehen möchte, gehören nach seiner Auffassung zu den „Geschäften der laufenden Verwaltung“, die laut Gemeindeordnung in der alleinigen Zuständigkeit des Bürgermeisters lägen. Seit der Gemeinderatswahl 2024 fühle sich die Verwaltung durch die Gemeinderäte „zunehmend ausgebremst und bei der Aufgabenerledigung behindert“, so Troll in einer Pressemitteilung. In dieser spricht er auch für die Fraktionen BfH und FfH: „Sie halten die völlig überzogenen Machtansprüche einzelner Mitglieder des Gemeinderats für unangebracht und praxisfern.“

Troll verweist auf die nächste Einschränkung, die Doro Moritz, Sprecherin der Fraktionen SPD, CDU, FWV und UWV, angekündigt hat. Demnach soll künftig über Grundstücksverkäufe ab 5.000 Euro (bisher 10.000 Euro) und über Haushaltsmittel ab 10.000 Euro (bisher 20.000 Euro) der Gemeinderat entscheiden. „So kann man nicht vernünftig arbeiten“, findet Troll. Im Gegenteil: Die Beträge hätten angesichts der Kostenexplosionen der vergangenen Jahre längst nach oben angepasst werden müssen. Er appelliert an den Gemeinderat: „Alles, was meine Mitarbeiter und ich erwarten, sind Rahmenbedingungen, wie sie bei fast allen baden-württembergischen Gemeinden unserer Größenordnung üblich sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Nur ein Vorschlag zur Güte: „Sollte zwischenzeitlich eine Kehrtwende gewünscht sein und gegebenenfalls eine Modernisierung der Hauptsatzung nach der Empfehlung des Gemeindetags Baden-Württemberg gewünscht sein, sage ich für diesen Fall die Beilegung der Angelegenheit ohne weiteres Aufsehen zu“, schreibt er.

Das sagt der Gemeinderat: „Herr Troll wird von einem Anwalt vertreten. Da ist es geboten, dass dem Gemeinderat auch jemand zur Beratung zur Seite steht“, findet Rüth. Es gehe keinesfalls darum, „Öl ins Feuer zu gießen“, versichert er – sondern um ein Sachthema und die Klärung einer rechtlichen Frage. Er sehe das „sehr emotionslos“ und betont: „Das ist keine persönliche Sache.“ Zu klären, ob die Satzungsänderung rechtens ist oder nicht – das könnte auch für andere Kommunen im Land interessant sein, ist Rüth überzeugt. „Es gibt immer mehr Kommunen, wo die Haushaltslage schwierig ist.“

Das sagt das Landratsamt: Trolls Widerspruch sei am 30. Mai eingegangen, bestätigt Maral Saraie, Leiterin des Kommunal- und Prüfungsamts. Er sei nicht abschließend geprüft worden. Nun ruht das Widerspruchsverfahren beim Enzkreis, da das Verwaltungsgericht eingeschaltet ist: „Das ist vorrangig und im Ergebnis für das Landratsamt bindend.“ Die Klage hält sie in der Sache für den geeigneteren Weg. Nun wartet sie gespannt auf die Entscheidung in Karlsruhe. „Wir finden die Frage sehr spannend und denken, das könnte Auswirkungen in ganz Baden-Württemberg haben“, sagt Saraie. „Wir hätten uns nur gewünscht, dass das nicht im Enzkreis ausgetragen wird.“ Welche Erfolgschancen Trolls Klage hat? „Da treffen zwei völlig verschiedene Ansichten aufeinander. Der Gemeindetag hat sich nicht eindeutig positioniert, sondern nur eine Empfehlung abgegeben.“ Insofern sei der Ausgang „völlig offen“.

Das sagt das Gericht: Bis die Juristen entscheiden, kann einige Zeit ins Land gehen. Es handle sich nicht um ein Eilverfahren, das die neunte Kammer beschäftigt, sagt der Richter und Pressesprecher des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, Jens Hofmann. Sondern um ein normales Kommunalstreitverfahren. „Es ist daher derzeit noch nicht konkret absehbar, wann die neunte Kammer über das Verfahren entscheiden kann und wird.“ Man warte nun im ersten Schritt auf die Stellungnahme der Gegenseite.