Ispringen
Ispringen -  13.04.2018
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Ein Haus soll zum Zuhause werden

Ispringen. Die Pforzheimer Stadtmission eröffnet ein ambulant betreutes Wohnprojekt in Ispringen. Sechs Menschen ohne Obdach sollen dort Unterschlupf finden.

Hell und freundlich empfangen die frisch renovierten Räume in einem Wohnhaus an der Ispringer Wilhelmstraße die Besucher. Es riecht noch nach Farbe und neuen Möbeln. Küche und Bad sind ohne Makel, die Matratzen auf den Betten noch in Plastik verpackt. Auf drei Etagen hat die Pforzheimer Stadtmission je eine Wohngemeinschaft mit zwei Schlafzimmern, gemeinsamer Küche und Bad geschaffen. Ein Ambiente, in dem sich Studenten-WGs wohlfühlen würden. Doch weit gefehlt. Hier sollen Menschen einziehen, die kein eigenes Dach über dem Kopf haben und bereits seit längerem vom Wichernhaus in Pforzheim betreut werden. Gestern wurde das Gebäude, das die Stadtmission 2016 erworben und von Grund auf renoviert hat, eingeweiht.

Sozialarbeiter teils vor Ort

Seit Jahren betreue das Wichernhaus auch Menschen aus dem Umland, sagt Einrichtungsleiter Rudolf Wirtz. Das ambulant betreute Wohnprojekt, in dieser Form Neuland für die Stadtmission, biete die Möglichkeit, die Betreuung zu intensivieren. „Hier können sie einigermaßen selbstständig wohnen und bekommen – soweit notwendig– hauswirtschaftliche Begleitung“, erklärt er. Im Keller des Hauses werde ein Büro untergebracht, wo ein Sozialarbeiter zu festen Zeiten ansprechbar sei. Auch eine Nachbarin nutzte gestern die Gelegenheit, um sich ein Bild von den Wohnungen zu machen. „Erst war ich ein bisschen kritisch“, sagt Birgit Bachmann, die das Haus ihres Großvaters nebenan modernisiert. Schließlich habe sie die Vermietbarkeit ihres eigenen Objekts im Hinterkopf. Nun zeigt sich die Nachbarin aber überzeugt: „Ich habe einen sehr guten Eindruck. Das wird kein Problem sein.“ Wie sich das Zusammenleben tatsächlich gestalten wird, muss sich zeigen. Schließlich betreue das Wichernhaus unter anderem Menschen mit „kreativen Ideen, wie man sich benehmen kann“, sagt Wirtz. „Wir müssen schauen, dass nur solche einziehen, die nicht zu kreativ sind.“

Dass sie hier Wohnraum finden, ist für die sechs Männer und Frauen zwischen 20 und Mitte 30, die bald einziehen werden, keine Selbstverständlichkeit. „Die Menschen, die wir betreuen, haben vielfach Probleme mit Schulden“, erklärt Wirtz. „Selbst die Baugenossenschaften streiken in der Regel, wenn es irgendwelche Schufa-Geschichten gibt – und das Jobcenter bezahlt eben nur bis zu einem bestimmten Betrag.“ Er geht dennoch davon aus, dass sich das Wohnprojekt ohne Zuschüsse über die Mieteinnahmen trägt.

Viel Eigenleistung eingebracht

Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt hat das Projekt nötig gemacht. Das stellt Stadtmissionar Uli Limpf in seiner Eröffnungsrede heraus. Eine Wohnung zu haben, einen Ort, wo man geschützt ist, mit Freunden zusammen sein kann, sei ein Grundbedürfnis des Menschen. Er erinnerte an die Menschen, die kein Zuhause haben, keinen Ort, an dem sie willkommen seien. Genau das soll das Haus in Ispringen für sie bedeuten.

Den Erwerb habe man aus Rücklagen finanzieren können, so Limpf. Die Generalsanierung habe am Ende allerdings mehr gekostet als geplant: Neue Heizung, Bäder, Böden und Wände waren einkalkuliert. Die Kompletterneuerung des Daches sowie ein Wasserschaden, der es nötig machte, teils ganze Decken zu entfernen, dagegen nicht. Insgesamt habe man etwas mehr als 200 000 Euro für Material ausgegeben. Dank umfangreicher Eigenleistungen von Mitarbeiter und „Universalhandwerker“ Stefan Weylo sowie Klienten des Wichernhauses haben sich die Kosten dennoch im Rahmen gehalten.

79 000 Euro steuerte die Wohnungslosenhilfe des Kommunalverbands für Jugend und Soziales des Landes bei, weitere 68 000 Euro kamen von der Lotterie „GlücksSpirale“. Für das Land ergriff der FDP-Abgeordnete Hans-Ulrich Rülke das Wort: In der Diskussion um den Wohnungsmarkt auf Landesebene spielten die Ärmsten nicht die größte Rolle, räumte er ein. „Ich hoffe, dass diejenigen, die hier wohnen, sich wohlfühlen und es idealerweise als Zwischenstation nutzen, um eine Arbeitsstelle zu finden, um selbst Wohnraum finanzieren zu können“, sagte er.

Auch der Toto-Lotto Regionaldirektor Hubert Gfrörer wünschte den Bewohnern, „dass sie zurückfinden ins normale Leben“. Bürgermeister Thomas Zeilmeier dankte der Stadtmission: „Es ist schön, zu sehen, dass christliche Werte umgesetzt werden.“

Autor: Lisa Belle