Kämpfelbach
Kämpfelbach -  12.05.2020
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„Du kannst keinen festbinden“ - Das sagt ein früherer Bundesliga-Schiedsrichter aus Bilfingen zu: Geisterspielen im Fußball

Mit den Geisterspielen der Fußball-Bundesliga unter strengen Hygienevorkehrungen betreten auch die Unparteiischen Neuland. Das sagt Hans-Peter Best, früherer Bundesliga-Schiedsrichter aus Bilfingen, dazu:

PZ: Im besten Fall können sich die Schiris in nächster Zeit fühlen wie im Paradies: Es ist keine tobende Menge im Stadion und die Spieler sollten auch ihre Zunge zügeln, da man wohl jedes Wort hört ...

Hans-Peter Best: Ach, so ganz optimistisch bin ich nicht, aber Mancher wird sich schon überlegen, was er sagt. So wird sich das Miteinander um Nuancen verbessern. Fußball ist allerdings ein Emotionsspiel, da kannst du auch den Trainer nicht an der Bank festbinden.

Während Ihrer Bundesliga-Zeit haben Sie die neuen Trainer von Hertha BSC und FC Augsburg, Bruno Labbadia und Heiko Herrlich, als Spieler erlebt ...

Es gab noch andere Experten, zum Beispiel Matthias Sammer. Wenn einer auf den Schiri zuging, sah es wild aus, aber man ging letztlich auch da anständig miteinander um.

Wären Sie gern noch einmal jung und würden die Herausforderung Geisterspiele gerne annehmen?

Nee, es ist eine komische Situation, wenn die Atmosphäre fehlt, du in ein totes Stadion läufst, wie im März bei Gladbach gegen Köln. Es war alles schön zu seiner Zeit, aber außer mal Benefizspiele pfeife ich schon lange nicht mehr und verfolge mehr andere Interessen.

Auf die heutigen Schiris könnten neue Aufgaben zukommen, zum Beispiel, weil nun jeder auf der Ersatzbank eine Maske tragen soll ...

Da bin ich total ahnungslos, wie man das umsetzen will. Während im Breitensport noch fast gar nichts geht, werden die Profis praktisch irgendwo kaserniert und werden laufend getestet. Ich kann mir vor allem nicht vorstellen, dass dann noch irgendwie mit Masken gearbeitet werden soll, vielleicht will man aber auch der Öffentlichkeit gegenüber demonstrieren: Wir sind gleich, wie ihr. Lassen wir uns überraschen: Es gibt ja auch Schiedsrichter, die Masken tragen – beim Eishockey.

Muss der Schiri denn zur Karte greifen, wenn sich zum Beispiel ein empörter Trainer die Maske vom Gesicht reißt?

Ich hoffe die Trainer heute haben sich gerade in dieser besonderen Situation so weit im Griff. Ansonsten denke ich eher, dass es im Nachhinein eine Strafe geben kann, so wie einst, als in Köln Trainer Rutemöller gesagt hat „mach et Otze“ und Frank Ordenewitz letztlich fürs Pokalfinale gesperrt wurde.

Erscheint es Ihnen realistisch, dass Bundesliga und 2. Liga bis Ende Juni noch je neun Spieltage über die Bühne bringen?

Es ist eine ganz schwierige Situation und es wird viel vom ersten Spieltag abhängen – oder davon, ob es weitere Erkrankungsfälle wie bei Dynamo Dresden gibt. Daher denke ich, dass im Moment auch bei den Schiedsrichtern eine besondere Anspannung da ist.

Sitzen Sie am Samstag um 15.30 Uhr vor dem Fernseher?

Falls es regnet bestimmt. Ich bin eher Konferenz-Seher, schaue gerne Freiburg und bin seit den Zeiten von Hölzenbein und Grabowski ein kleiner Frankfurt-Fan.

Hans-Peter Best

Nach seinem Debüt am 13. August 1991 hat Hans-Peter Best sechs Spielzeiten lang Partien der Fußball-Bundesliga geleitet. Auch im DFB-Pokal und einmal beim Supercup war der Schiedsrichter aus Kämpfelbach-Bilfingen gefragt. Mit inzwischen 65 Jahren steht der Key Account Manager nun vor dem Ruhestand. Der verheiratete Vater einer erwachsenen Tochter steht dem Förderverein von TuS Bilfingen vor.

Autor: rks