Kieselbronner Gugge Gaiße läuten Fastnacht kraftvoll ein
Kieselbronn. Mehrere beherzte Schläge mit dem Hammer – und der Narrenbaum steht bombenfest. Mitarbeiter der Firma Brett haben ihn mit Hilfe eines Krans am Samstagnachmittag in der Kieselbronner Ortsmitte vor dem Rathaus ehrenamtlich aufgestellt. Bei schönstem Frühlingswetter treffen dort nach und nach auch die Musiker der Kieselbronner Gugge Gaiße ein.
Als der Narrenbaum vollständig aufgerichtet und geschmückt ist, fangen sie unter der Leitung von Anna-Lena Schestag und Andrea Gloß an zu spielen, unter anderem „Still Fly“, „Smoke On The Water“, „Satisfaction“ und „Hot Love“. Hartmut Seifried ergreift das Wort: „A bissle Fasnet muss sei“, betont der Vereinsvorsitzende und spricht damit den knapp 30 Musikern aus der Seele, die mit viel Abstand auf der Treppe vor dem Rathaus stehen. Eigentlich hätte an diesem Samstag an derselben Stelle die „Gugg em Fleggä“ stattgefunden: eine große Veranstaltung mit vielen Besuchern, mit Bewirtung, mit einer Bühne, mit befreundeten Guggenmusik-Gruppen und mit Gardetanz. „Da ist bei uns immer eine Riesenstimmung“, erzählt Seifried: „Dieses Jahr wären es zwölf Gruppen gewesen.“ Doch wegen der Corona-Krise hat man sich erneut für eine Absage entschieden und stattdessen den Narrenbaum nur vereinsintern aufgestellt. Seine gen Himmel zeigende Wurzel macht deutlich, dass in der fünften Jahreszeit das Unterste nach oben gekehrt wird. Der rund fünf Meter hohe Baum stammt aus dem Kieselbronner Forst und ist einem Sturm zum Opfer gefallen.
Geschmückt wurde der Baum unter anderem mit einem Kranz, mit Tannenreisig, mit Bändern – und mit Rosi, einer vornehmen Dame, die aus Stroh und Altkleidern besteht. Ursprünglich stammt sie aus Ühlingen, wo sie einen Mann suchte, aber nicht fand. Deswegen kam sie nach Kieselbronn, wo sie sich jedes Jahr zur Faschingszeit frisch verliebt, bevor es am Aschermittwoch wieder vorbei ist mit dem Glück. Zumindest ist das die Geschichte, die einem die Gugge Gaiße über die Puppe erzählen, die sie einst aus Ühlingen mitgenommen haben – „nicht gestohlen“, wie Seifried betont. Dort hing sie an einem Laternenmast und wäre vermutlich sowieso verbrannt worden. „Die Ühlinger haben sie uns gerne und freundlich zur Verfügung gestellt“, erzählt Seifried. Und deswegen bekommen sie auch jedes Jahr zahlreiche Fotos von ihrer Rosi zugeschickt, die modisch immer auf dem aktuellen Stand ist. Dieses Mal hat sie einen Corona-Virus als Kopf und eine Spritze in der Hand. Denn Rosi ist geimpft. Weil sonst keiner Zeit hatte, hat sie sich kurzerhand selbst darum gekümmert. Rosi beweist: Auch wenn fast alle Veranstaltungen abgesagt wurden, lassen sich die Gugge Gaiße ihren Humor nicht nehmen.