Knittlingen
Knittlingen -  21.10.2021
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Lebhaft gespielte Faust-Szenen in Knittlingen - Vom Teufelsbund bis Gretchendrama

Knittlingen. Das Mittelalter schien am Sonntag beim Pfleghof-Open Air Station zu machen: Mit acht lebhaft gespielten Szenen erinnerten 18 Mitglieder der Schauspielgruppe „Laterna Mystica“ sowohl an Goethes literarischen Faust, als auch an den historischen Faust, den aus der Stadt Knittlingen stammenden Alchemisten und „Teufelsbündner“ Johann Georg Faust (1480-1539). Die Idee für dieses faustische Best Of-Programm stammt von Nicole Hähnle; die Gesamtleitung teilen sich Gabi Leger und Gerhard Hähnle. Für den passenden musikalischen Rahmen sorgen 20 Musiker der Stadtkapelle Knittlingen unter der umsichtigen Leitung von Rudi Jock.

„Mager bist Du geworden“, erschrickt Fausts Mutter (Gabi Leger) lauthals, als ihr erwachsener Filius als Wunderheiler nach Knittlingen zurückkehrt. Sein wohlgenährter Vater (Herbert Philipp) brummt hingegen: „Ich hoff‘, Du verschwindest bald wieder! Auf dem Hof gibt’s jedenfalls – für Dich – keinen Platz mehr“. Johann Georg Faust (in dieser Szene gespielt von Moritz Bindschädel) entgegnet: „Keine Sorge, alter Mann, ich bin nur auf der Durchreise“. Dessen ungeachtet hat er, glaubt man der Knittlinger Regie, reichlich Schlag bei den Frauen und Mädchen: Marktweiber (Lena Glöckler, Nicole Hähnle und Bettina Reneaux) und Töchter der Stadt (Nelly Bindschädel und Lydia Nagel) drängen sich jedenfalls um ihn und seinen Handwagen mit allerlei wundersamen Tinkturen und duftenden Salben, die einen sichtbaren Zugewinn an Schönheit oder glänzendes Haar versprechen. Einzig die Kräuterhexe (Evelyn Glöckler) kann ihm in dieser Szene die Schau streitig machen: Sie spielt aus und mit dem überraschten Publikum, preist ihre Schlaf-, Husten- und Potenzmittelchen beredt und lautstark an, lässt – in dieser dankbaren Rolle – wahrlich keinen Witz aus, den man auf Kosten des einen oder anderen armen Zuschauers, zum besten geben kann. Die Knittlinger Zuschauer danken es ihr mit schenkelklopfender Heiterkeit.

Szenenwechsel: Drei Rollen mit viel Text bestimmen die zweite Hälfte von „Theater trifft Musik – Von Faust bis Goethe“: Der an Jahren gereifte Faust (Moritz Bindschädel), der diabolische Mephisto (Jannik Leger) und das unschuldige Gretchen (Jessica Leger) sind die – am Sonntag überzeugend gespielten – Protagonisten, deren „Dreierbeziehung“ manch einer bereits in der Schulzeit kennengelernt haben mag. In weiteren Rollen überzeugen: Karl Hähnle, Jonathan Hille, Chiara Linoria, Fabien Reneaux, der den Akzent von Pierre Brice wieder aufleben lässt, und der junge Faust, gespielt vom talentierten Kilian Dobler. Den kurzweiligen Mix aus Markttreiben, Teufelsbund und Gretchendrama begleitet Gerhard Hähnle als kommentierender Sprecher – bis zu Fausts gewaltsamen Tod 1539, irgendwo auswärts, vermutlich im Gasthaus Löwen in Staufen.

Mit einem unterhaltsamen Repertoire, das von „Musik ist Trumpf“ über „Gaudeamus igitur“ bis zu „One Moment In Time“ reicht, rundete die Stadtkapelle Knittlingen die Veranstaltung am Sonntagabend in der Fauststadt ab – und mit einem getragenen Flügelhorn-Solo von Daniela Wirth gab es sogar einen veritablen Höhepunkt.

Autor: Robin Daniel Frommer