Königsbach-Stein
Königsbach-Stein -  11.02.2022
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Büffeln für den guten Zweck: Student aus Stein hat eigene Nachhilfeplattform gegründet

Königsbach-Stein. Jeden Morgen steht Sven Hertweck spätestens um 5 Uhr auf, abends geht er selten vor Mitternacht ins Bett. Oft arbeitet er bis zu 16 Stunden am Tag, ohne Wochenende, ohne Ferien. Aber nicht, weil er muss, sondern, weil er will. Denn der 24-Jährige hat vor knapp zwei Jahren die Nachhilfeplattform „truetor“ gegründet, die er neben seinem Studium betreibt.

Der Erfolg treibt ihn an. „Ich bin so motiviert, dass ich von morgens bis abends dran sitze“, sagt Hertweck. Der 24-Jährige wohnt in Stein, hat das Königsbacher Gymnasium besucht und studiert aktuell Betriebswirtschaftslehre in Karlsruhe. Schon vor drei Jahren hat er begonnen, Nachhilfe zu geben – und zwar bei einer großen, bekannten Plattform, die Studenten und Schüler in Kontakt bringt. Spaß gemacht hat ihm das aber nicht immer: Hertweck empfand die Organisation als unpersönlich und hatte den Eindruck, dass trotz hoher Preise bei den Nachhilfelehrern wenig Geld ankommt. Im Frühling 2020, während des ersten Lockdowns, beschloss er deswegen, seine eigene Nachhilfeplattform zu gründen – in einer Zeit, in der durch Schulschließungen, durch Wechsel- und Fernunterricht die Lernlücken bei vielen Schülern immer größer wurden.

Gleichzeitig hatten viele Studenten ihre Nebenjobs verloren, etwa in der Gastronomie. Innerhalb von nur zwei Tagen baute Hertweck eine Internetseite auf, erstellte Flyer und arbeitete Verträge für die künftigen Nachhilfelehrer aus. Nach wenigen Tagen hatte er bereits acht Lehrer gewonnen, die meisten Freunde aus dem Studium. Inzwischen sind es 120. Die meisten sind Studenten und geben die Nachhilfe nebenher. Hertweck übt keinen Druck auf sie aus, schreibt keine Mindestzahl an Stunden und Zeiten vor. „Die Lehrer sind ganz flexibel.“

Und sie werden fair bezahlt: In der Nachhilfe-Flatrate kostet eine volle Stunde 20 Euro. 16 Euro davon bekommt der Lehrer, zwei behält Hertweck. Die restlichen zwei Euro werden an soziale Projekte gespendet. Denn auch das gehört zum Konzept. Bisher ging das Geld immer an Unicef, 2021 zum ersten Mal auch an die Familienherberge „Lebensweg“ in Schützingen.

In Zukunft will Hertweck einen Förderverein gründen, um auch Schülern aus einkommensschwachen Elternhäusern den Zugang zu hochwertiger Nachhilfe zu ermöglichen. Aktuell ist er im Gespräch mit Künstlern, mit denen er einmal im Quartal eine Benefizauktion auf die Beine stellen will. Hertweck sagt, bei Eltern und Schülern komme dieses Konzept gut an. Wenn sich neue Schüler anmelden, versucht er, innerhalb von 24 Stunden den passenden Lehrer zu vermitteln.

Aktuell finden neun von zehn Nachhilfestunden als Videokonferenz über das Internet statt. Was ursprünglich wegen Corona nötig geworden war, wollten auch nach dem Ende der Kontaktbeschränkungen viele Nachhilfeschüler beibehalten. Hertweck kann das gut verstehen: „Sowohl für den Lehrer als auch für den Schüler ist das einfacher.“

Nicht zuletzt, weil keine Fahrtkosten entstehen, keine Zeit verloren geht und von jedem Ort aus unterrichtet werden kann. Denn es gibt auch Lehrer, die im Ausland leben, etwa in China, in der Türkei oder auf Sri Lanka. Aktuell nutzen mehr als 500 Schüler regelmäßig Hertwecks Nachhilfeplattform.

Autor: Nico Roller