Königsbach-Stein
Königsbach-Stein -  28.09.2019
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Stein auf Stein

Handwerkliche Holzbacköfen liegen voll im Trend. Nachhaltigkeit spielt für die Nutzer dabei eine große Rolle.

Der rund ein Meter hohe, aus massiven Steinen gemauerte Unterbau steht bereits. Auf ihm kniet Marcel Hasenstab, der mithilfe von Lehm die Schamottsteine verarbeitet. Rund 800 Kilo dieser Steine wird der Kachelofen- und Luftheizungsbaumeister zusammen mit seinen Kollegen am Ende des Tages verarbeitet haben. In handwerklicher Arbeit erstellen sie auf einem Grundstück in Stein einen traditionellen Holzbackofen. Einen, in dem künftig Brot, Pizza oder Kuchen gebacken werden soll.

„Aus einem Holzofen schmeckt das schon anders“, sagt Uwe Hasenstab. Er ist Marcels Vater und betreibt ein Unternehmen für Kachelofenbau. „Diesen Ofen hätte man vor 100 Jahren schon genauso gebaut“, erklärt er, als er die Arbeit kurz unterbricht: Mit dem Unterschied, dass man damals zum Isolieren Stroh und Lehm anstelle von Kalzium-Silikat-Platten verwendet hätte. In jedem Dorf habe es früher im Backhaus einen ähnlichen Ofen gegeben, erzählt Hasenstab: Dort trafen sich die Frauen, um zu backen. Wohlhabende besaßen eigene Öfen. Heute erkennen viele Menschen wieder die Vorteile, die der Einsatz traditioneller Holzbacköfen bietet. Von der Isolierung einmal abgesehen, handle es sich um reine Naturprodukte, sagt André Dix. Er arbeitet bei der Firma „Schamotte Radeburg“ und ist in ganz Europa unterwegs mit Schulungen, die sich rund um den Ofenbau drehen. Lehm und Schamottsteine seien zu 100 Prozent natürliche Materialien, erklärt er. Bei seiner Firma in Radeburg werden die roten Steine seit 1872 unverändert produziert. Durch ihre chemischen und thermischen Eigenschaften sind sie ideal für den Ofenbau. Die feuerfesten Steine speichern die Energie und geben sie langsam wieder ab. „Je mehr Masse der Ofen hat, desto länger speichert er“, erklärt Dix.

Seine Beobachtung: Immer mehr Menschen legen sich einen eigenen Holzbackofen zu. Der Nachhaltigkeitsgedanke spiele dabei eine große Rolle und der Wunsch, Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Gebrauchs selbst produzieren zu können, unabhängig von großen Konzernen. Zwölf Kilo Holz braucht man zum Befeuern des Ofens, den Dix, Hasenstab und die weiteren Helfer in Stein bauen. Wenn er fertig ist, passen bis zu zwölf Brote hinein.

Hasenstab weiß, wie man darin Speisen zubereitet: Nachdem man den Ofen zwei Stunden lang angeheizt hat, muss die Asche entfernt, die Glut zur Seite geschoben werden. Dann kann man bei einer Temperatur von 400 Grad Pizza darin backen, bei 250 Grad Brot und Kuchen und am nächsten Tag ist der Ofen immer noch warm genug, um einen Schweinebraten zu garen. Damit später nirgends Energie verloren geht, ist beim Bau absolute Exaktheit notwendig. Deswegen kreischt auch immer wieder ohrenbetäubend die Nasssäge. Mit ihr werden die Schamottsteine so zugesägt, dass sie genau in das Gewölbe passen. Zwölf Helfer von vier Firmen sind im Einsatz. Auch Lenny hilft beim Bau des Holzbackofens tatkräftig mit. Der 22-Jährige absolviert eine Ausbildung zum Kachelofen- und Luftheizungsbauer bei der Firma „Freund“ aus Ditzingen. „Der Job ist ultra abwechslungsreich“, sagt er. Man habe jeden Tag etwas Neues zu tun und viel Kontakt zu den Kunden. „Man lernt ein großes Spektrum verschiedener handwerklicher Fähigkeiten.“ Trotzdem gibt es immer weniger Jugendliche, die sich in diesem Bereich ausbilden lassen. Uwe Hasenstab hat momentan keine Auszubildenden – obwohl er gerne welche hätte. Und er ist sich sicher: „Ofenbauer ist ein krisensicherer Job.“ rol

Autor: Nico Roller | Königsbach-Stein