Traditionsreicher Hausfrauenverein in Königsbach-Stein löst sich nach 95 Jahren auf
Königsbach-Stein. In 95 bewegten Jahren hat der Hausfrauenverein Königsbach das Gemeindeleben stets mit geprägt. In guten wie in schlechten Zeiten. Nun haben Vorstandschaft und Mitglieder einstimmig beschlossen, ihn aufzulösen. Mit einem gemeinsamen Essen im „Europäischen“ Hof haben sich 25 der verbliebenen rund 100 registrierten Mitglieder von ihrem Verein verabschiedet und viele gemeinsam erlebte Geschichten noch einmal aufleben lassen.
Ursula Stegelmann, die den Verein in den vergangenen 33 Jahren mit viel Herzblut geführt hatte, schilderte ihren Umzug nach Königsbach und die Bemühungen ihrer Vorgängerin, der ebenfalls langjährigen Vorsitzenden Gertrud Teuscher, sie für den Verein zu gewinnen. Stegelmann ließ Veranstaltungen in der Festhalle, wie die Seniorennachmittage, die der Verein über 40 Jahre lang mit Unterstützung der Gemeinde ausrichtete, Revue passieren. Sie erinnerte an Lehr- und Informationsfahren im In- und europäischen Ausland, Ausflüge, etwa zu Musicals, an Vorträge, Bastelnachmittage, Beteiligung an Dorffesten, verkaufsoffenen Sonntagen und an viele Feiern.
Doch nicht nur der Königsbacher Verein löst sich auf, was auch beim Blick auf das Altersspektrum der Anwesenden verständlich scheint – das Alter der Damen bewegt sich zwischen rund 70 und 90 Jahren – auch der Landes- und der Bundesverband des Deutschen Hausfrauenbunds geben zum Ende des Jahres auf, wie Stegelmann informierte.
Förderung als Antrieb
In Reimen verwies Stellvertreterin Christa Ehrismann über die wechselvolle Geschichte des 1926 gegründeten Vereins. Dieser war letztlich auf Initiative der Königsbacher Schlossherrin, Freifrau Luise von St. André, gegründet worden. Sie wurde auch die erste Vorsitzende des rasant wachsenden Vereins. Ihr Bestreben war es, durch Lehrgänge und Kurse das Wissen und Können der Frauen auf dem Land zu fördern. Schließlich brachten das Dritte Reich und die Wirren des Krieges den Verein zum Erliegen, bis zum Jahr 1947.
Aus gesundheitlichen Gründen übertrug Freifrau Luise von St. André die Aufgabe der Vereinsführung ihrer Schwiegertochter, Sybille von St. André. Als die Vorsitzende 1949 wegzog, ging die Leitung an Anna Fischer über, die zum ersten Mal in der Geschichte des Landes 1959 als Spitzenkandidatin von sechs politisch unabhängigen Frauen mit einer eigenen Liste für den Gemeinderat antrat. Damit löste sie eine kleine männliche Revolte aus und fand Aufmerksamkeit im ganzen Land – auch wenn am Ende die Zeit noch nicht reif war für Frauen im Gemeinderat.
Die beschriebenen Aktivitäten fanden auch schon damals statt und stießen auf großes Interesse. Anfang 1972 trat der Hausfrauenverein, bedingt durch die strukturellen Veränderungen in der Bevölkerung, schließlich dem Deutschen Hausfrauenbund bei.
