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Königsbach-Stein -  18.01.2024
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Zwei Königsbacher Landwirte auf Mission in Berlin: Bauern aus der Region auf der Grünen Woche

Königsbach. Wenn man ihn nach dem Grund für seine Reise nach Berlin fragt, dann muss Martin Ehrismann nicht lange überlegen: „Weil es wichtiger denn je ist“, sagt er mit ernster Stimme. „Und auch aktueller denn je.“ Drei Tage, vom heutigen Freitag bis zum Sonntag, wird Martin Ehrismann zusammen mit seinem Sohn Marius in der Bundeshauptstadt auf der Internationalen Grünen Woche Besucher aus aller Welt über moderne Landwirtschaft informieren.

Beide sind Agrar-Scouts, die sich aktiv für ihre Branche einsetzen und sich im Gespräch mit der Bevölkerung auch kritischen Fragen stellen wollen. Ins Leben gerufen wurde das Ganze vom Forum Moderne Landwirtschaft, das auf der Grünen Woche einen Erlebnis-Bauernhof einrichtet, der Abläufe anschaulich darstellen soll. Wenn man mit Martin und Marius Ehrismann spricht, dann merkt man, dass ihnen die Landwirtschaft am Herzen liegt, dass sie für ihren Beruf brennen. Aber man merkt auch, dass sie sich Sorgen machen um eine Branche, die in den vergangenen Jahren immer mehr unter Druck geraten ist.

„Die Stimmung unter den Kollegen ist sehr gereizt“, sagt Martin Ehrismann, der den Eichhälderhof bei Königsbach betreibt und die Proteste der Landwirte für gerechtfertigt hält. Auch er und sein Sohn Marius haben sich mit ihren Traktoren bereits an einigen Aktionen in der Region beteiligt. Auf der Grünen Woche geht es ihnen allerdings nicht um Protest, sondern um Aufklärung und Dialog. Darum, den Menschen zu zeigen, wie Landwirtschaft heute funktioniert und vor welchen Herausforderungen sie steht. Denn Ehrismann hat den Eindruck, dass sich Landwirtschaft und Gesellschaft in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt haben. Er war schon zweimal auf der Grünen Woche.

Voriges Jahr hat ihn zum ersten Mal sein Sohn Marius begleitet, der Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim studiert und weiß, dass Landwirtschaft heute ein hochkomplexes Thema ist. Marius sieht es als seine Aufgabe, die junge Generation anzusprechen und ihr deutlich zu machen, dass Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leistet. Allein schon dadurch, dass es sich bei ihr um einen Kreislauf handelt, in dem der Kohlendioxid-Ausstoß der Landmaschinen um ein Vielfaches durch die Photosynthese der angebauten Pflanzen kompensiert wird. „Tatsächlich ist die Landwirtschaft eine der wenigen Branchen, die mehr CO2 bindet als sie ausstößt“, sagt Marius Ehrismann und betont, dass fast alle Betriebe allein schon aus ökonomischen Gründen versuchen würden, den Kraftstoffverbrauch so gering wie möglich zu halten.

Denn beim aktuell viel diskutierten Agrardiesel werde den Landwirten nur ein Teil der Steuer zurückerstattet. Auf der Grünen Woche wird Marius ein Gespräch führen, das über die bei Jugendlichen beliebte Plattform „Twitch“ live ins Internet übertragen wird. Abends suchen er und sein Vater den Austausch mit den Kollegen, die aus dem ganzen Bundesgebiet kommen, um am Stand des Forums Moderne Landwirtschaft mitzuwirken. Dabei geht es immer auch um die Erfahrungen, die sie tagsüber in den Gesprächen mit den Besuchern gemacht haben.

„Die Skala reicht da von null bis hundert“, sagt Martin Ehrismann, der von tiefenentspannten Gesprächspartnern ebenso berichten kann wie von heftigen verbalen Angriffen. Ehrismann versucht immer, die Menschen abzuholen, sich auf sie und ihre Fragen einzulassen. Er weiß, dass man aktiv auf die Besucher zugehen muss und nicht warten darf, bis sie von sich aus auf einen zukommen. Denn seine Erfahrung ist, dass sich das viele auch dann nicht trauen, wenn er an seinem Hemd einen Button trägt, der genau dazu auffordert. Zwar hat Ehrismann auch schon Menschen getroffen, mit denen sich eine Diskussion nicht gelohnt hat.

„Aber die meisten sind offen und dankbar.“

Diese Erfahrung hat er auch schon auf anderen Veranstaltungen gemacht, etwa bei seinen Hoffesten oder bei den Rundfahrten über seine Felder. Ehrismann legt großen Wert auf Öffentlichkeitsarbeit und hat voriges Jahr zusammen mit der Volkshochschule eine medial landesweit beachtete Aktion ins Leben gerufen, bei der Interessierte ein halbes Jahr die Abläufe in der Landwirtschaft aus erster Hand kennenlernen konnten. Martin und Marius Ehrismann machen sich keine Illusionen.

„Aber der stete Tropfen höhlt den Stein.“ 

Martin und Marius Ehrismann

Autor: Nico Roller | Königsbach-Stein