„Die Zisterzienser und das Wasser“: Tiefe Einblicke in die unterirdische Welt im Kloster Maulbronn
Maulbronn. Mönche unternahmen immer alles gemeinsam – auch den Gang zum dann nicht mehr so ganz stillen Örtchen. 20 Abortsitze auf zwei Ebenen, da ergoss sich nicht nur ein Sturzbach in die mittelalterliche Kanalisation. Wie die Zisterzienser das in Maulbronn lösten? Das und vieles mehr verrät Ulrich Knapp in seinem neu erschienenen Band „Die Zisterzienser und das Wasser“. Michael Hörrmann vom Herausgeber Staatliche Schlösser und Gärten ist voll des Lobs für diesen spannenden Band, der ihn beim nächtlichen Lesen vom Einschlummern abhielt.
Knapp, ausgewiesener Experte für Zisterzienser-Architektur, hat sich dieses Mal ins Unterirdische begeben, spürt den Wasserwegen in den Abteien in Bebenhausen, Maulbronn und Salem nach, fdert die innovativen ngenieurstechnischen und wirtschaftlichen Leistungen der Mönche zutage. Ja, um den schnöden Mammon ging es auch; etwa wenn der Pächter der Maulbronner Klostermühle sich mit dem der Fischereirechte am Roßweiher in die Haare geriet. Denn: Wenn der Sommer zu heiß, das Wasser im Tiefen See zu knapp war, dann musste der Fischzüchter das Wasser im Roßweiher ablassen, um den Tiefen See und damit auch die Mühle zu versorgen. Doch wie tief durfte der Wasserspiegel sinken, um das Mühlrad anzutreiben und die Fische überleben zu lassen? Ganz schön ausgeklügelt, welch subtile Balance hier gehalten werden konnte.
Und Knapp widerlegt natürlich auch die Legende, wonach der Ritter Walter von Lomersheim seinem Maulesel einen Geldsack aufgebunden hatte, um dort, wo er anhalten würde, ein Kloster zu bauen. Wundersamerweise blieb das Tier am Ort des heutigen Klosters stehen und brachte durch Hufschläge eine Wasserquelle hervor. Ein Quäntchen Wahrheit findet der Kunsthistoriker dennoch in dieser Geschichte. Aus einem Lagerbuch von 1725 zitiert er: „Hinter dem Herren Hauß liegt ein Kuchengartten (…), wird der Scherrergartt genannt, in welchem Gartten auch ein offenes Garttenhäuschen, unter solchem das sogenannte Scherr Brönnlen anzutreffen ist.“ Knapp schließt daraus: „Da sich östlich des Tiefen Sees im ehemaligen Binnensee ebenfalls Quellen im Talgrund der Salzach befunden haben, wäre eine solche Quelle nicht auszuschließen.“ Der bis ins 19. Jahrhundert gebräuchliche Name „Maulbrunnen“ könne zudem darauf hinweisen, dass es sich hier um jene Quelle handele, an der die Klosterniederlassung erfolgt sei.
„Denn ohne Wasser gab es keine Klöster“, bringt es Hörrmann auf den Nenner. Es war eine Frage der Wasserqualität und -menge, die den Ausschlag für eine Gründung gaben. Neben dem reinen Trinkwasser wurde das flüssige Nass zum Kochen, für die rituellen Waschungen, aber auch für Latrinen und Badhäuser benötigt. Es war der einzige Energieträger dieser Zeit, den man speichern konnte. Und Wasser war die Quelle wirtschaftlichen Erfolgs – um Mühlenräder, Papier- und Walkmühlen, Sägewerke und Hämmer anzutreiben. Aber auch, um die – vegetarischen – Mönche zu ernähren: mit gezüchteten Karpfen und gefundenen Muscheln und Süßwasserkrebsen.
Wie verzweigt diese – im Klosterareal unterirdischen – Kanäle waren, lässt sich in einer der vielen Karten des opulenten Bildbands ablesen. All diese neuen Forschungen und Erkenntnisse werden, verspricht Hörrmann, auch in künftige Führungen einbezogen, wenn sich die Besucher des Weltkulturerbes auf die verzweigten Wasserwege der Zisterzienser begeben.
Buch-Info:
Das Buch „Die Zisterzienser und das Wasser unter besonderer Berücksichtigung der Abteien Bebenhausen, Maulbronn und Salem“ von Autor Ulrich Knapp, herausgegeben von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, erschienen im Michael-Imhof-Verlag hat 262 Seiten mit 262 Farb- und 2 SW-Abbildungen und kostet 29,95 Euro. ISBN: 978-3-7319-0350-5
