Geigerin Isabelle Faust gastiert bei Maulbronner Klosterkonzerten
Maulbronn. So rein und zart musizieren eigentlich nur Engel – und die Geigerin Isabelle Faust zusammen mit ihren Partnern, dem Cembalisten Kristian Bezuidenhout und der Cellistin Kristin von der Goltz. Isabelle Fausts Violin-Ton ist an Klarheit kaum zu übertreffen: oft hauchzart, ohne verzärtelt zu sein, nicht schokoladig und fett, sondern von goldener, in der Maulbronner Klosterkirche schwebender Leuchtkraft und Eleganz.
Untermalt vom Glanz silberner Cembalo-Arabesken (und teilweise vom Cello-Continuo), erlebten die begeisterten Zuhörer beim bestens besuchten Maulbronner Klosterkonzert ein unschlagbares Hörerlebnis – Schönklang mit himmlischen Stellen.
Bruchlose Übergänge
Faust spielt mit hart gespanntem Bogen auf die barocke Art, behandelt das Vibrato als Schmuck, der nicht einfach unterschiedslos allem überworfen, sondern nur selten eingesetzt wird, versteht sich meisterlich auf Schwelltöne und bruchlose Übergänge zwischen langen Bögen und zupackend rasanten Tempi. Die Phrasierung ist im Zusammenspiel mit ihren Begleitern transparent strukturiert, jeder Satz „spricht“ in verschiedenen Formen musikalischer Beredsamkeit.
Zwei Sonaten für Violine und Cembalo von Johann Sebastian Bach umrahmten jeweils vor und nach der Konzertpause je zwei Rosenkranz-Sonaten für Violine, Cello und Orgelportativ (oder Cembalo) von Heinrich Ignaz Franz Biber, die der bedeutende Barock-Violinist zu Kupferstich-Abbildungen als religiöse Mysterien komponiert hat. Die komplexen Bach-Duos, die als Vorläufer klassischer Sonaten für Violine und Klavier gelten, wurden von Faust und Bezuidenhout in einfühlsamer Gleichberechtigung interpretiert. Die melancholisch dunkel gefärbte Sonate Nr. 1 h-Moll (BWV 1014) faszinierte mit lebhaften Cembalo-Skalen (im Schluss-Allegro mit einem Zweiunddreißigstel-Motiv) sowie den feinen Hintergrundtönen und klangintensiven Doppelgriff-Passagen der Geige. Sonate Nr. 3 E-Dur (BWV 1016) beeindruckte mit weitgespanntem Figurenwerk der Violine und dem ausdrucksvollen Wechselspiel der Instrumente in den schnellen Sätzen. In der Sonate Nr.6 G-Dur (BWV 1019) leitete das „Largo“ mit kapriziös verziertem Violinpart in ein fulminant-feuriges Cembalosolo („Allegro“) über.
Die gebotene Auswahl aus Bibers „Rosenkränzen“ (Nr. 6 „Jesus am Ölberg“, Nr. 9 „Die Kreuztra-gung“, Nr. 12 „Himmelfahrt Christi“ und Nr. 13 „Sendung des Heiligen Geistes“) präsentierte sich in der Maulbronner Klosterkirche als ein beeindruckendes Wunderwerk der barocken „Scordatura“-Technik, was den Einsatz unterschiedlich gestimmter Geigen – Faust benutzte zwei Instrumente – zur Erzielung besonderer Klangfarben voraussetzt.
Funkelndes Violinspiel
Geradezu abenteuerliche, generalbassähnlich von Orgelportativ und Cello begleitete Doppel- und Mehrfachgriff-Abschnitte im Geigenpart zeichneten diese Andachtsmusiken aus. Unbestrittener Höhepunkt des Konzertabends war freilich der „Schutzengel“-Rosenkranz, eine Passacaglia für Violine solo: Fausts feingliedrig dichtes, technisch makellos funkelndes, ja engelsgleiches Violinspiel ist eine Offenbarung.