Mühlacker
Mühlacker -  02.04.2020
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Alternativen in der Toilette: Klopapier-Engpass verschärft Verstopfung der Kläranlagen

Mühlacker-Grossglattbach/Wiernsheim/Neuenbürg,´. Matthias Enz schlägt Alarm. Der Wiernsheimer Kämmerer ist für den Abwasserzweckverband Glattbach und Kreuzbach zuständig. Mit einem Appell richtet er sich an seine Mitbürger: „Feuchttücher, Desinfektionstücher und Zeitungspapier gehören nicht in die Toilette!“

Der einfache Grund: „Wenn wegen des scheinbaren Mangels an Klopapier andere Stoffe für die Hygiene genutzt werden und in der Toilette landen, verstopfen die Kanalisation und die Abwasserpumpen der Kläranlagen“, so Enz weiter. Müll, der unerlaubterweise in den Klos entsorgt wird, ist für die Betreiber der Kläranlagen in der Region schon lange ein Ärgernis. Jetzt spitzen die Hamsterkäufe durch Corona die Situation zu.

Das Ergebnis der Sauerei landet bei Thomas König. Der Leiter der Kläranlage in Großglattbach musste mit seinen Mitarbeitern erst am Montag wieder die Rechengutwaschpresse vom hartnäckigen Unrat befreien. Hier wird das durchnässt ankommende Strandgut gepresst und damit für die Entsorgung getrocknet. Tampons, Binden, Kondome, Zeitungspapier, Feuchttücher - nur ein Auszug dessen, was König hier täglich findet. „Das Zeug wird hart wie Beton“, erklärt er das Problem: „Wir brauchen drei bis vier Stunden, um das mit Hammer und Meißel rauszubekommen.“ Durch die Müllmenge kann sich sonst der Motor der Maschine nicht mehr drehen - und dann geht gar nichts mehr.

Anders ist das bei Klopapier. Es ist so beschaffen, dass es gar nicht bis zum Rechen gelangt. „Nach zehn Minuten löst sich Klopapier im Wasser auf“, so König. Die Abwasserkanäle hätten an manchen Stellen nur eine geringe Fließgeschwindigkeit. „Dort lagert sich der Müll bis zum nächsten Regen ab“, so König, „und im ersten Schwung wird es dann richtig heftig.“ Dadurch, dass die Leute die ganze Zeit daheim seien, käme gerade ohnehin mehr Abwasser an.

Keine leichte Aufgabe, zumal Enz von einer „personellen Notfallbesetzung“ in den Kläranlagen spricht. Von den zwei Mitarbeitern von König ist einer jetzt im zweiten Werk in Iptingen eingesetzt. „Wir sind jetzt nur noch zu zweit und beide Väter. Unsere Frauen arbeiten auch und es müssen die Kinder beaufsichtigt werden“, sagt König: „Das ist nicht gerade leicht.“

Appell gegen Hamsterkäufe

Auch in Neuenbürg kennt man das Problem mit dem Müll schon länger. Den Leiter der dortigen Kläranlage, Guido Molitor, stören vor allem die Feuchttücher, die zunehmend über die Toilette entsorgt werden. Nach einem Regenguss sei das Wasser der ersten 20 Minuten besonders verschmutzt, so Molitor. Anfällig sind dann vor allem die Pumpen der Regenbecken, die das Wasser auffangen.

Ärgernisse, die schon länger bekannt sind, aber durch Corona zunehmen könnten: „Es wird sich zeigen - nach den ganzen Hamsterkäufen - ob es zu größeren Problemen kommt.“ Auch Enz appelliert deshalb vehement: „Wir möchten die Leute eindringlich darum bitten, auf langfristige Vorratskäufe von Klopapier zu verzichten.“

Autor: heg