Bild mit Seltenheitswert: Historisches Foto zeigt Lienzingens erste Tankstelle im Jahr 1930
Mühlacker-Lienzingen. Als Lore Rieger den Bericht über den Abbruch des Gebäudes Friedenstraße 12 gelesen hatte, stöberte sie in ihrem Fotoalbum und fand eine Rarität: Eine Aufnahme des Hauses aus dem Jahr 1930 mit der Benzin-Zapfsäule davor.

Im Hintergrund der Gemischtwarenladen von Gottlob und Luise Common, die sich zum Familienfoto in Position gebracht hatten. Neben ihnen Frida Stickel und Lore, die jetzt 92-Jährige, als Mädchen. Es war das elterliche Haus.
Sie rief Stadtrat Günter Bächle an, der seit Monaten auf der Suche nach einem solchen Foto mit der ersten Tankstelle von Lienzingen war, nachdem er die Geschichte der Zapfsäulen in dem Dorf recherchiert und für seinen Blog aufgearbeitet hatte.
"Eine große Rarität", freuten sich er und Stadtarchivarin Marlis Lippik, die das kostbare Stück Ortsgeschichte ihrem Bildfundus hinzugefügt hat.
Abbrucharbeiten müssen eingestellt werden
Albert Schnabel betrieb von 1927 bis 1929 in dem um 1900 errichteten Haus die Poststelle und den Gemischtwarenhandel. Er war es, der 1928 vor dem Gebäude die erste Tankstelle in Lienzingen errichtet hatte. Als Schnabel 1929 verkaufte, übernahm die Familie Common den Laden und die Postagentur, zuerst Gottlob Common und dann bis zu ihrem Tod 1966 Frida Stickel, geborene Common.
Die Mitte voriger Woche begonnenen Abbrucharbeiten mussten auf Anordnung des amtlichen Denkmalschutzes eingestellt werden, weil die Genehmigung durchs Regierungspräsidium fehlte, so Günter Bächle in einer Mitteilung der CDU-Gemeinderatsfraktion.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe informierte: Da das Gebäude im Geltungsbereich der Gesamtanlage "Etterdorf Lienzingen" liege, bedürften Veränderungen der Genehmigung durch die untere Denkmalschutzbehörde bei der Stadt Mühlacker. Bei diesem Verfahren sei dann das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium (RP) Stuttgart zu beteiligen. Worauf Bächle im Rathaus nachfragte, ob das so beschriebene Verfahren abgeschlossen sei.
Grundstück soll wieder bebaut werden
Ergebnis: Die Antragstellung der Stadt beim RP erfolgte am 24. Januar, die Abbrucharbeiten begannen schon zwei Arbeitstage zuvor. Der zu späte Antrag beruhe, ist der Stadtrat überzeugt, möglicherweise auf Unkenntnis. Nun müssten die Abbrucharbeiten für einige Tage ruhen. Das Landesamt für Denkmalschutz habe signalisiert, dass gegen den Abbruch keine Bedenken bestehen.
Eine Auflage soll dafür sorgen, dass das Grundstück innerhalb der nächsten drei Jahre wieder bebaut wird – in Absprache mit dem Denkmalamt. Bächle erinnert daran, dass es Überlegungen gegeben habe, die historische Fassade zu erhalten, die aber nicht weiter verfolgt wurden.
Diese Vorgeschichte darzustellen sei wichtig, da in Lienzingen jetzt kritisch gefragt werde, ob die Stadt leichter abreißen könne als Private, so Bächle. Deshalb sei es gut, dass das Landesdenkmalamt nun seine Hand drauf habe.