Mühlacker
Mühlacker -  07.03.2020
Artikel teilen: Facebook Twitter Whatsapp

Eltern befürchten das Schlimmste: Kündigungswelle erschüttert Kinderhaus Villa Emrich in Mühlacker

Mühlacker. Aufregung und Besorgnis herrscht derzeit bei den Eltern jener Kinder, die das integrative Kinderhaus Villa Emrich in Mühlacker besuchen. Nachdem sechs Erzieherinnen inklusive Leiterin ihre Kündigung eingereicht haben, ist bislang nicht klar, wie es in der Einrichtung weitergeht. Als Träger des Hauses fungiert neben der Stadt Mühlacker auch die Lebenshilfe Vaihingen-Mühlacker. Von beiden Trägern werden Pädagoginnen gestellt. Die Kündigungswelle betrifft allerdings nur den städtischen Teil der Kindergarten-Kooperation. In der Villa Emrich sind unter den 58 Kindern auch elf Kinder mit Handicaps des Lebenshilfe-Schulkindergartens integriert und werden in gemischten Gruppen betreut. Aufgrund der Personalkrise befürchten nun die Eltern, dass das bisher erfolgreich umgesetzte inklusive Betreuungskonzept nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Eltern fordern Aufklärung

Von einem informativen Treffen mit Eltern, Elternbeira und Vertretern der Stadtverwaltung, das am Mittwochabend im Großen Rathaussaal stattfand, hatten sich die betroffenen Familien Aufklärung und Perspektiven für die Zukunft versprochen. Johanna Bächle, Leiterin des städtischen Amtes für Bildung und Kultur, versuchte anhand von Zahlenmaterial den weit über 50 Anwesenden zu skizzieren, dass die Villa Emrich mit dem derzeitigen Personalschlüssel sehr gut ausgestattet sei. Diesbezüglich habe man sich zur Sicherheit auch mit dem Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) abgestimmt. Damit reagierte Bächle auf die Kündigungsgründe der Erzieherinnen, die vor allem über Personalnot, Überlastung und mangelnde Unterstützung durch die zuständigen städtischen Ämter geklagt hatten.

Von den sechs freiwerdenden Stellen sind vier bis zum 1. April neu zu besetzen, zwei weitere dann bis zum 1. Juli 2020. Alle Stellen seien ausgeschrieben. Die Übernahme einer Anerkennungspraktikantin wie auch eine Neubesetzung hätte bereits geklärt werden können, so die Amtsleiterin. „Auch uns lässt diese Krise nicht kalt. Wir verstehen sehr gut, dass Sie deshalb besorgt sind. Wir sind es auch“, betonte Johanna Bächle und warb bei den Eltern vor allem darum, Vertrauen in das städtische Krisenmanagement zu haben. „Wir sitzen alle in einem Boot. Bitte lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Auch werde man sich zur Prüfung der Lage externe Fachberatung ins Haus holen, kündigte sie an.

Darüber hinaus versicherte Bächle, dass sie erst Ende November mit der Unzufriedenheit der Mitarbeiterinnen konfrontiert worden sei. Bislang sei man davon ausgegangen, dass der intern im Kinderhaus erstellte Dienstplan funktioniere. Gemeinsam mit ihren Rathaus-Kolleginnen und den Erzieherinnen habe sie sich im Gespräch bemüht, die Gründe für die Unzufriedenheit aus der Welt zu schaffen. Bis auf einen Punkt sei das auch gelungen. Allerdings habe der Wunsch der Leiterin des städtischen Teils der Einrichtung, als Nachfolgerin ihrer Lebenshilfe-Kollegin die Gesamtleitung des Hauses zu übernehmen, nicht erfüllt werden können, berichtet Bächle. Denn von Behördenseite sei signalisiert worden, dass bei einem Wechsel der Trägerschaft eine Kindergruppe wie die der Lebenshilfe nicht mehr genehmigt werde. „Wir haben versucht, die Mitarbeiterinnen zu halten“, betont Bächle. „Aber als 14 Tage später alle sechs Kündigungen auf dem Tisch lagen, bin ich aus allen Wolken gefallen. Das ist schade, ich dachte, wir hätten ein gutes Verhältnis zueinander.“ Nun gelte es ein neues Team von Erzieherinnen zusammenzustellen und die personellen Vakanzen mit Vertretungskräften so gut es geht zu überbrücken. Auf ehrenamtliche Kräfte oder Betreuung durch die Eltern werde man aber nur im absoluten Notfall zurückgreifen, so Amtsleiterin Bächle.

Die Sorge und Verunsicherung der Eltern hat sich damit aber noch längst nicht in Luft aufgelöst, wie die betroffene Mutter Ayse Fehimli verdeutlicht. „Ich habe den Eindruck, dass hier doch einiges schöngeredet worden ist, die Realität aber anders aussieht“, sagt sie. „Das Grundproblem ist und bleibt für mich die Personalsituation.“ Ähnlich sieht das auch Elternbeiratsmitglied Bahar Madenci. „In der Vergangenheit hat man Erzieherinnen oft alleine in ihrer Gruppe stehen sehen. So kann vernünftige Betreuung nicht funktionieren“, findet sie. Sie habe zwar die Hoffnung auf Besserung, fürchte aber besonders um das integrative Konzept des Hauses.

Mehr lesen Sie am Samstag, 7. März, in der „Pforzheimer Zeitung“ oder im E-Paper auf PZ-news.

Autor: pep