Mühlacker
Mühlacker -  12.10.2020
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„Ich kann nicht leben ohne dich“: Suzanne von Borsody gestaltet Programm über Frida Kahlo im Uhlandbau

Mühlacker. Darf, wer von der Malerin und mexikanischen Nationalheiligen Frida Kahlo berichtet, mit einem Mann beginnen? In unserer Region ist das erlaubt. Denn ihr Vater, den sie verehrte, der Fotograf Wilhelm Kahlo, stammte aus Pforzheim. Er wanderte wegen familiärer Probleme nach Mexiko aus, heiratete eine Mexikanerin und baute für seine Familie in Coyoacán (Mexiko-Stadt) die „Casa Azul“ – das „Blaue Haus“, wo Frida 1907 geboren wurde und 1954 verstarb, und heute für sie ein Museum eingerichtet ist.

Szenisch ausgestaltet

Auch die Schauspielerin Suzanne von Borsody überschreibt ihre literarisch-musikalische Soiree zu Frida Kahlo im ausverkauften Mühlacker Uhlandbau am vergangenen Samstagabend mit einer „männlich“ assoziierenden Tagebuchzeile der Künstlerin: „Jetzt, wo Du mich verlässt, liebe ich Dich mehr denn je.“ Und beginnt (und endet) ihre biografisch gegliederte, szenisch ausgestaltete Kahlo-Erzählung mit einem Gedichtvers der 15-jährigen Frida: „Er folgte mir … ich weinte.“ Die meisten Kunsthistoriker legen bei der Interpretation der Gemälde von Frida Kahlo den Focus auf die unglaubliche Leidensgeschichte dieser Frau und beschreiben die Bilder als Ikonografie ihres lebenslangen Martyriums. Natürlich arbeitet auch Borsody die schrecklichen Stationen dieses Künstlerinnen-Lebens heraus, die Kinderlähmung der Sechsjährigen, das furchtbare Busunglück am 17. September 1925, bei dem sich eine Stahlstange durch ihr Becken bohrte – mit der Folge, dass sie, ans Bett gefesselt, monatelang in Gips- und Stahlkorsetts verbringen und auch noch eine Bein-Amputation über sich ergehen lassen musste.

Lebensmutig, lebensbejahend

Trotz allem war Frida Kahlo eine unerhört lebensmutige, lebensbejahende und leidenschaftlich liebende Frau – diese Botschaft ist der mit Gestik, Mimik und sprachlichen Akzenten hinter ihrem Lesepult kunstgerecht agierenden Schauspielerin wichtig. Mit Zitaten aus Gedichten, Briefen und Tagebuchnotizen spürt Borsody der Liebesleidenschaft ihrer Heldin nach, die vor allem zwei Männern galt. Zum einen dem Jugendfreund und Anführer einer Gruppe revolutionärer Studenten, Ale-jandro Gómez Arias, dem sie ein wunderschönes Porträt gewidmet hat.

Später gehörte ihre Liebe dem 20 Jahre älteren engagierten Marxisten und mexikanischen Fresken-Maler Diego Rivera, der wegen seiner revolutionären Wandbilder (Murales) berühmt wurde. 1929 heiratet sie ihn, lässt sich wegen seiner häufigen Untreue scheiden und heiratet diesen sehnsüchtig begehrten Mann ein zweites Mal. Ihn betet sie an, ihm schreibt sie mehrfach: „Ich kann nicht leben ohne dich!“

Malerisch ausgeleuchtet

Auf die malerisch in Rot- und Lila-Tönen ausgeleuchtete Bühne im Mühlacker Uhlandbau werden zur Lesung im Wechsel passende Kahlo-Gemälde (auch einige der schockierenden, die blutig geöffnete Körper zeigen), Fotos und Dokumente großformatig projiziert. Eine Latino-Band – bestehend aus Omar Plasencia León (Vibrafon und Percussion), Anibal Civilotti (Gitarre und Gesang) und Kurt Holzkämper (Kontrabass) – untermalt die Lesung mit melancholischen Folklore-Farben. So, wie sich Kahlo damals selbst kleidete und porträtierte, tritt auch die Schauspielerin Suzanne von Borsody auf und hat den bunten, charakteristischen Blumenschmuck im Haar. Ihr Pult ist reich mit dicken Ketten und anderem mexikanischen Glitzerschmuck verziert.

Das alles beeindruckt die Zuhörer im Saal, was der nicht enden wollende Beifall beweist.

Autor: Eckehard Uhlig