Mühlacker
Mühlacker -  08.05.2022
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Kultusministerin besucht integrativen Kindergarten in Mühlacker

Mühlacker. Nervös warten die Kita-Kinder im Eingangsbereich des Integrativen Kinderhauses Villa Emrich in Mühlacker – schließlich hat sich hoher Besuch angekündigt.

Am Donnerstagmorgen will sich Theresa Schopper (Grüne), Kultusministerin von Baden-Württemberg, ein Bild von der Kita machen. Denn dort werden 58 Kinder in vier Gruppen betreut – in jeder Gruppe befinden sich dabei zwei oder drei Kinder mit einer geistigen oder seelischen Behinderung. Schon der erste Eindruck der Grünen-Politikerin ist positiv: „Das Haus erinnert mich an Pippi Langstrumpf – so bunt und heimelig.“

Seit 2013 ist der Kindergarten, der in gemeinsamer Trägerschaft der Stadt Mühlacker und der Lebenshilfe Vaihingen-Mühlacker betrieben wird, voll integrativ – gemeinsam spielen, essen und lernen behinderte und nicht behinderte Kinder. Der Tagesablauf sei dabei sehr strikt, erklärt Kita-Leiterin Isabel Habiger. Das gebe Sicherheit und sei besonders für autistische Kinder wichtig. Um die Übergänge zwischen Situationen zu erleichtern, wird Musik von Vivaldi gespielt und gesungen. Man arbeite viel mit Symbolen, Bildern und Zeichensprache, damit Kinder, die nicht sprechen oder noch kein Deutsch verstehen, auch immer wissen, worum es gehe und was passiere. Jedes Kind akzeptiere die anderen dort so, wie es ist. Das Projekt kommt gut an: Im September würden zwei Plätze frei werden, elf Kinder stünden aktuell auf der Warteliste. Auch die Besucher sind am Donnerstag überzeugt. „Es ist toll, wie die Kinder gemeinsam betreut werden und man keinen Unterschied wahrnimmt“, so Schopper.

„Gelebte Inklusion wie hier – das hat sich der Enzkreis als Ziel gesetzt“, sagt der ebenfalls anwesende Landrat Bastian Rosenau. „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Auch Mühlackers Bürgermeister Winfried Abicht zeigt sich sichtlich stolz: „Dieses Projekt, das wir als Stadt gemeinsam mit der Lebenshilfe schon mehrere Jahre verfolgen, wird mit dem Besuch der Ministerin sozusagen geadelt. Wir freuen uns, die Schwierigkeiten und Erfolge mit dem Land teilen zu können.“

Fachkräftemangel spürbar

Als Rosenau fragt, was sich die Kita-Leitung denn von der Politik wünsche, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. „Einen höheren Personalschlüssel“, antwortet Isabel Habiger. Man bekomme die Stellen zwar besetzt, doch es sei schwierig, Fachkräfte zu finden, die auch sonderpädagogische Qualifizierungen haben. Dem stimmt Sandra Sailer von der Lebenshilfe Vahingen-Mühlacker zu, denn „das schönste Modell bringt nichts, wenn man es nicht bespielen kann.“ Mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung in diese Richtung seien wünschenswert.

Schopper sei sich der Problematik bewusst. „Wir haben die Zahl der Einrichtungen verdoppelt – die Zahl der Erzieher muss natürlich mitwachsen.“ Im Landtag seien viele Fragen zum Fachkräftemangel offen – Inklusion dürfe dabei nicht vergessen werden. Auch Rosenau findet, dass es wichtig sei, die Belange von Menschen mit Behinderung in die Öffentlichkeit zu tragen. Zum Abschied kommt man auf einen Nenner. Projekte wie die Villa Emrich können nur funktionieren, wenn man zusammenarbeite: Einrichtungen, Träger, Kommunen und das Land.

Autor: Catherina Arndt