Spielfreudiges Ensemble bei „Wunschkinder“ im Mühlacker Uhlandbau
Mühlacker. Schon nach wenigen Dialog-Sätzen ist das Schauspiel „Wunschkinder“ beim Thema. Vater Gerd erregt und besorgt: „Hast du dich endlich um ein Praktikum gekümmert?“ Sohn Marc in horizontaler Lage am Handy gestört: „Läuft“. Vater in mühsam beherrschtem Ton: „Und was heißt das genau?“ Sohn abwiegelnd: „Mach’ ich noch“. Vater schier explodierend mit energischem Nachdruck: „Und wann?“ Sohn genervt: „Ich sage doch, ich mach das noch!“
Es geht um eines jener antriebsarmen Söhnchen von erfolgsorientierten Wohlstandseltern. Marc liegt nach gerade so geschafftem Abitur seit Monaten auf der faulen Haut, lässt es sich im Hotel Mama gut gehen, kann sich lediglich zu Party-Besuchen aufraffen, kifft und leert in regelmäßigen Abständen den Kühlschrank. Bald lösen die Eltern mit ihren Ermahnungen und Ratschlägen hysterische Reaktionen auf allen Seiten aus. Die Gesellschaftskomödien des Autoren-Duos und Ehepaares Lutz Hübner und Sarah Nemitz sind erfolgreich, weil sie ihre Finger am Puls der Zeit haben und in pointiert temporeicher Sprache Konflikte offenlegen, die fast jeder wiedererkennt oder selbst durchlitten hat.
Gute Inszenierung
Die am Wochenende vom Tourneetheater „Euro-Studio Landgraf“ im Mühlacker Uhlandbau präsentierten „Wunschkinder“, gewissermaßen die Fortsetzung des auch verfilmten Stücks „Frau Müller muss weg“, beeindruckten und begeisterten das zahlreiche Publikum auch wegen der guten Inszenierungsqualität (Regie: Volker Hesse) und eines charaktervoll spielfreudigen Schauspieler-Ensembles: der aus dem Fernsehen bekannte Martin Lindow als zur Hysterie neigender Vater Gerd, mit Lukas Schöttler, der Marc als rasch beleidigten Vertreter der Nullbock-Generation gibt, mit Ulla Wagener als Marcs Mutter Bettine, die schnell aus der Fassung gerät, Josepha Grünberg als Marcs hyperaktive Freundin Selma, Katharina Heyer als ihre verträumte Mutter und Claudia Wenzel als Tante Katrin, die die Jugend versteht.
Auf den Metallgitter-Stufen der kühl gestylten Bühne (von Rolf Spahn) sorgen die Protagonisten für eine austarierte Balance zwischen Humor voller kritischer Widerhaken und Ernst. Den wortreich überhöhten Generationenkonflikt flankiert eine problematische Liebesgeschichte: Marc bandelt mit der gleichaltrigen Selma an, einem Mädchen, das dem Prekariat mit unerhörter Energie zu entkommen sucht. Jetzt will auch Marc arbeiten, doch er schwängert Selma. Gerd und Bettine sind außer sich und schmieden sofort Pläne, von denen die Kinder allerdings nichts wissen wollen.
Buntes Alltagsgeschehen
So entfaltet sich ein buntes, mit pikanten Gags gewürztes Alltagsgeschehen, das dramaturgisch leider zum Ende hin schwächelt. Selma verliert ihr Kind. Die Mamuschka, die nicht mehr von dieser Welt zu sein scheint, trällert Lynn Andersons „Rose Garden“. Und die politisch links gestrickte Tante, die in Sachen Kinder immer schon für „laissez faire“ plädiert hat, produziert sich zu Lichteffekten mit schrillen Rock-Musikeinlagen im Stile Nina Hagens. Das waren zwei unterhaltsame, oft spannungsgeladene Stunden.