Mühlacker
Mühlacker -  30.04.2022
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Staatssekretärin appelliert: Wohnungen an Ukrainer vermieten

Mühlacker-Lienzingen. Leerstehende Pfarrhauswohnungen sollen genutzt werden.

In dem seit 2014 leerstehenden Obergeschoss des Pfarrhauses in Lienzingen, das dem Land Baden-Württemberg gehört, können Flüchtlinge untergebracht werden. Das versicherte die Staatssekretärin im Finanzministerium, Gisela Splett, der Landtagsabgeordneten des Enzkreises, Stefanie Seemann (beide Grüne). Sie hatte sich genauso wie der Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion und Lienzinger, Günter Bächle, an das Ministerium mit der Frage gewandt, weshalb die große Wohnung schon so lange nicht genutzt werde, während Land und Kommunen händeringend nach Wohnungen suchen. Das zweigeschossige Wohngebäude Kirchenburggasse 4 aus dem Jahr 1557, das seit 1692 vorübergehend als Pfarrhaus genutzt wurde, ist ein Kulturdenkmal. Die Räume könnten ganz einfach mit Geflüchteten belegt werden, so die Staatssekretärin und zeigt die Wege auf: Entweder miete die Stadt die Räumlichkeiten an. Andernfalls könne die örtliche Kirchengemeinde, der grundsätzlich die Nutzung des Gebäudes zustehe, selbst im Einvernehmen mit dem Landesbetrieb Vermögen und Bau unentgeltlich Flüchtlinge im Pfarrhaus aufnehmen.

Der Abschluss eines Mietvertrages sei nicht notwendig. Die Kirchengemeinde hole dazu die Zustimmung ihrer kirchlichen Oberbehörde ein, berichten die Landtagabgeordnete und der Lienzinger Stadtrat, die getrennt voneinander das Thema aufgegriffen hatten. „Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind viele Menschen auch nach Deutschland geflohen. Uns ist es daher wichtig, schnelle und pragmatische Lösungen zur Unterbringung zu finden und Helfende zu unterstützen, wo es möglich ist. So können Geflüchtete aus der Ukraine in leerstehenden Pfarrhäusern wohnen – so auch in Lienzingen.“ So zitieren Stefanie Seemann und Günter Bächle in einer gemeinsamen Pressemitteilung das Mitglied der Grün-Schwarzen Landesregierung.

Weshalb gehören dem Land eigentlich Pfarrhäuser? Gisela Splett erläutert dies in ihrem Schreiben an die Abgeordnete. Der Hintergrund: Die rechtliche Grundlage der Bewirtschaftung für die Baulastverpflichtung des Staates an einem kirchlich genutzten Gebäude liege in der Regel in der Säkularisierung im Jahr 1803 begründet. Den Kirchen seien Rechte und Vermögen durch den Staat entzogen worden, damit seien die mit dem Vermögen und territorialen Gebieten verbundenen Lasten ebenfalls auf den Staat übergegangen. Die historischen Rechte und Verpflichtungen seien im evangelischen Kirchenvertrag von 2007/ 2008 nochmals bestätigt worden. Die Abwicklung dieser staatlichen Baulasten sei in den Baulastrichtlinien vom 11. Juli 1963 geregelt. Diese gelte für alle Baupflichten, die das Land an kirchlichen Gebäuden in Württemberg gegenüber den Landeskirchen zu erbringen habe. Aufgrund des zwischenzeitlich veränderten baulichen Standards seien diese Richtlinien nicht mehr zeitgemäß. pm