Stellenabbau fällt geringer aus bei Mahle in Mühlacker
Mühlacker. „Besser als erwartet“ habe sich der Mahle-Konzern im vergangenen Corona-Jahr geschlagen. Nach einem Verlust von 434 Millionen Euro will Mahle in diesem Jahr wieder ein positives Ergebnis einfahren. Rund 60 Prozent der Umsätze werden bereits unabhängig vom Verbrennungsmotor erzielt, sagte Interims-Konzernchef Michael Frick. Im laufenden Jahr wolle man wieder einen Gewinn einfahren, so Frick.
Der geplante Beschäftigungsabbau – deutschlandweit sollen 2000 Jobs wegfallen – soll möglichst sozialverträglich erfolgen. Das erfreuliche Umsatzplus im ersten Quartal ermögliche es, dass der Stellenabbau am Mahle-Standort in Mühlacker vermutlich geringer ausfallen werde, erklärte Personalchefin Anke Felder auf Anfrage der PZ.
Der kriselnde Autozulieferer war auch wegen eines Einbruchs der weltweiten Autoproduktion zum 100-jährigen Bestehen des Stuttgarter Unternehmens noch tiefer ins Minus gerutscht. Im Jubiläumsjahr des 1920 gegründeten Unternehmens sank der Umsatz rapide – im Vorjahresvergleich um 18,9 Prozent auf nur noch 9,8 Milliarden Euro. Nimmt man das Jahr 2017 als Maßstab, sind die Erlöse sogar um fast ein Viertel (23,6 Prozent) eingebrochen. Die immense Nachfrage aus China treibt trotz der Corona-Pandemie derzeit das Wachstum etlicher Autohersteller und Zulieferer. Lange verdiente Mahle sein Geld vor allem mit Filtern, Kolben und Pumpen für den Verbrennungsmotor, doch seit dem verstärkten Umstieg etlicher Autobauer auf die E-Mobilität gilt das nicht mehr als tragfähiges Geschäftsfeld. Arbeitnehmervertreter warfen Mahle zuletzt immer wieder vor, sich zu spät und zu unentschlossen auf die neuen Erfordernisse umgestellt zu haben (die PZ berichtete).
In diesem Zusammenhang ist wohl auch der Abgang des intern und öffentlich in die Kritik geratenen Konzernchefs Jörg Stratmann im März zu sehen. Interimsweise führt nun Finanzchef Frick das Unternehmen, das angesichts der Krise einen harten Sparkurs mit Stellenstreichungen und Werksschließungen einschlägt.
Bereits in den vergangenen Jahren hatte Mahle Tausende Stellen gestrichen. Der IG Metall und dem Gesamtbetriebsrat sei es nach monatelangen und sehr schwierigen Verhandlungen sowie zahlreichen Aktionen der Beschäftigten auch an den Standorten Mühlacker und Vaihingen gelungen, eine alternative Vorgehensweise zu erreichen, heißt es in einer Pressemitteilung. Für die beiden Standorte sind betriebsbedingte Kündigungen bis zum September 2022 ausgeschlossen. Alternativ gibt es ein Programm zum „freiwilligen Ausscheiden“ mit der Möglichkeit, bis zu zwei Jahre in eine Transfergesellschaft zu wechseln.
Die stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende Nektaria Christidou zeigte sich selbstkritisch: „Ich hätte mir in den Verhandlungen von beiden Seiten mehr Agilität und Progressivität gewünscht.“ Immerhin sei es gelungen, das Werk Mühlacker als eines von drei Standorten in Deutschland als Pilotprojekt zu etablieren. Ursprünglich sollten in der Senderstadt 224 Arbeitsplätze gestrichen werden. Es bliebe noch jede Menge Arbeit für die IG Metall und den Betriebsrat. Hilfreich sei dabei der erst kürzlich abgeschlossene Tarifvertrag zur Transformation, der jetzt bei Mahle mit Leben gefüllt werden müsse, ergänzt der Sprecher der IG Metall Pforzheim, Arno Rastetter.