Mühlacker
Mühlacker -  07.10.2025
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Wucher oder gerechte Mieterhöhung? Mühlacker passt Gebühren in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft an

Mühlacker. Es sind zwei völlig unterschiedliche Ansichten, die da aufeinanderprallen, wenn es um den Zustand der Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte in Mühlacker geht. Da sind einerseits die Bewohner beziehungsweise deren Freundeskreis, die unhaltbare Zustände in der Unterkunft Falkenweg bemängeln. Auf der anderen Seite hält die Stadt entgegen, dass die Unterkünfte kontrolliert würden und den Mindestanforderungen entsprächen. Eine Bestandsaufnahme.

Die städtische Unterkunft am Falkenweg ist stark in die Jahre gekommen. Die Wohnungen werden regelmäßig überprüft, sagt die Stadt. Die Mindestanforderungen würden eingehalten.
Die städtische Unterkunft am Falkenweg ist stark in die Jahre gekommen. Die Wohnungen werden regelmäßig überprüft, sagt die Stadt. Die Mindestanforderungen würden eingehalten. Foto: Privat

Der große Ärger entzündet sich mitunter an der Tatsache, dass der Gemeinderat Ende Juli einstimmig eine Gebührenerhöhung beschlossen hat, die nun seit dem 1. Oktober greift. Vorher mussten die Bewohner beziehungsweise deren soziale Leistungsträger 6,83 Euro pro Quadratmeter als Grundgebühr bezahlen, die bisherige Nebenkostenpauschale betrug 122,31 Euro pro Person. Neuerdings sind beide Beträge in einer Pauschale zusammengefasst, diese beträgt nun 21,75 Euro pro Quadratmeter. Das hat konkrete Folgen: Die Mieten sind teilweise deutlich erhöht worden. Konkrete Zahlen, die der PZ vorliegen, zeigen einen Anstieg von über 75 Prozent in einem Fall. „Fast 1000 Euro monatlich für so ein – mit Verlaub gesagt – Rattenloch ist eine Ungeheuerlichkeit“, sagt beispielsweise ein Freund einer betroffenen Familie. Er zählt die Mängel auf: Die Badewanne sei – durch Rückstände, die durch die Einleitung des Waschmaschinenabflusses verursacht wurden – nicht mehr sauber zu bekommen. Das Bad besitze keine Heizung, eine weitere Wärmequelle durch Radiatoren sei durch das Verbot des Betriebes zusätzlicher Elektrogeräte nicht möglich. Und: „Auch sonst sind die Wohnung und wohl der ganze Komplex in einem jämmerlichen Zustand“, heißt es über die Unterkunft am Falkenweg.

Rückmeldungen dieser Art erhält die Stadtverwaltung wohl häufiger. „Es gibt regelmäßig Beschwerden der Bewohnerinnen und Bewohner über den Zustand der Unterkünfte“, räumt Stadtsprecher Philipp Schad ein. Aber: Eine Unterkunft stelle eine temporäre Unterbringungsmöglichkeit dar, die vor allem für Menschen in Notlagen gedacht sei. Eine Einweisung habe lediglich einen Überbrückungscharakter und verfolge den Zweck, den Menschen eine vorübergehende Unterkunft zu bieten.

„Die Unterkünfte werden kontrolliert und entsprechen den Mindestanforderungen. Eine Sanierung ist daher nicht geplant“,

so Schad.

Die Erhebung der Gebühren decke die anfallenden Kosten. Gewinne würden nicht erwirtschaftet.

Die Abrechnung der Wohnleistungen mit den Leistungsträgern im Sozialbereich selbst ist Aufgabe der Bewohner. Ob und inwiefern die Höhe der jetzigen Gebührenanpassung in Mühlacker zu generellen Anpassungen bei den Leistungsträgern führt, ist der Verwaltung nicht bekannt. Diese könnten demnach nämlich auch durch andere Einflussfaktoren bestimmt sein.

Sicher sind sich dagegen die Freunde der Betroffenen in einer Sache: Die Einkünfte der Menschen, die mittlerweile zum Teil selbst wieder einer Arbeit nachgehen, geben eine solche Belastung nicht her.

Mieten für städtische Wohnungen angepasst

Einstimmig hat der Verwaltungsausschuss des Gemeinderates Mühlacker in seiner jüngsten Sitzung die Mieten der städtischen Wohnungen um 20 Prozent angehoben. Im Gegensatz zu 2019 – da wurden von der Stadt noch 55 Wohnungen vermietet – handele es sich nun nur um 17 Wohneinheiten. Das erklärte der Leiter des Grundstücks- und Gebäudemanagements, Thomas Brandl, in der Sitzung.

Vier der 17 Wohnungen seien an städtische Mitarbeiter vermietet. Eine Wohnung werde zurzeit saniert und die in der Kirchenburggasse 5 in Lienzingen sei, so Brandl, derzeit nicht bewohnbar.

Die letzte Anpassung erfolgte im Jahr 2019, damals um zehn Prozent. „Es geht darum, adäquate Mieten zu verlangen“, sagte Brandl. „20 Prozent hört sich hoch an, aber bei 2,82 Euro pro Quadratmeter sprechen wir über eine Erhöhung von 40 Cent“, verdeutlichte Oberbürgermeister Frank Schneider. Die Stadträte Ulrich Hagenbuch (Freie Wähler) und Angelika Denzler (LMU) dagegen hätten sich eine Erhöhung in mehreren kleinen Schritten gewünscht. „Drei Monate Frist sollten ausgeschöpft werden, damit es nicht so überfallartig kommt“, sagte Denzler. Das sah auch Julia Ziegler (SPD) so.

„Ich bin dafür, dass wir das machen“,

sagte Günter Bächle (CDU).

Denn, so Bächle, die Preise der Wohnungen lägen pro Quadratmeter zwischen 2,82 und sieben Euro. So sah das auch Natascha Blattner (FDP) und wollte wissen, ob es Voraussetzungen für den Bezug dieser Wohnungen gebe. „Das sind keine Sozialwohnungen, sondern gewachsene Strukturen“, erklärte Brandl. In naher Zukunft würden Bewertungen aller städtischen Liegenschaften erfolgen, erklärte Brandl.