Mühlacker
Mühlacker -  06.02.2022
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Zur hundertjährigen Geschichte viele Details präsentiert: Mühlacker Uhlandbau ist nicht irgendein Saal

Mühlacker. Der Uhlandbau feiert seit Oktober 2021 sein 100-jähriges Bestehen (die PZ hat berichtet). Der Historisch-Archäologischer-Verein Mühlacker, das Stadtarchiv der Senderstadt, die umtriebige Volkshochschule und die rührigen Organisatoren von „MühlackerConcerto“ würdigten den Uhlandbau und seine Bühne seither nicht nur mit einem Festakt, sondern lassen die Geschichte des Traditionsgebäudes mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Veranstaltungen Revue passieren.

Musik spielt im Uhlandbau von Anfang an und bis heute eine ganz zentrale Rolle. An dessen Zeit nach 2004, an seine „Wiedererweckung als Konzertsaal“, erinnert Dirigent Peter Wallinger, der Künstlerische Leiter der Süddeutschen Kammersinfonie aus Bietigheim, im Rahmen seines von einer kleinen, aber feinen Revue umrahmten Vortrags im gut besuchten Veranstaltungssaal der Mühlacker Kelter.

Peter Wallingers facettenreichste Sprache ist die Musik – und so „würzt“ er die ausgesuchten Fakten, beispielsweise zur im Jahr 1921 hochmodernen Bühnenausstattung, immer wieder mit eingespielten Konzertaufnahmen der eigenen Reihe „MühlackerConcerto“: Auf Brahms Ungarischen Tanz Nr. 5 in g-Moll folgt ein 2016 entstandener Live-Mitschnitt von Schuberts Menuett in d-Moll; nach Mozarts Ouvertüre zur Oper „Die Hochzeit des Figaro“ (2021 aufgezeichnet) erklingt mit etwas zeitlichem Abstand das selten zu hörende „Concertino“ (op. 42) für Violine von Mieczyslav Weinberg (1919-1996) mit der Süddeutschen Kammersinfonie und dem Amsterdamer Solo-Geiger Tjeerd Top – ein Werk, das auch auf der gerade erschienen Jahres-CD „live 2021“ enthalten ist.

Zwischen den Musiktiteln zeichnet Peter Wallinger einen Teil der wechselvollen Geschichte des Uhlandbaus nach. Er erinnert hierbei auch an Laura Emrich, die als Pianistin aktive Ehefrau des von den Nazis ermordeten Unternehmers Alfred Emrich (1876 bis 1943), der den Uhlandbau trotz der sich Anfang der 1920er-Jahre bereits abzeichnenden Hyperinflation vorangetrieben und finanziert hat. Außerdem berichtet Wallinger lebhaft von den Anfangsschwierigkeiten der inzwischen nicht mehr aus dem Uhlandbau wegzudenkenden Konzertreihe „MühlackerConcerto“. Er zeichnet nach, wie die Mietzahlungen an die Stadt Mühlacker nach und nach durch eine Sponsorenkonzept, Spenden und schließlich durch einen eigenen Förderverein und die städtische Bezuschussung ersetzt werden konnten. Und über die reduzierte sinfonische Besetzung seines 40 bis 45 Musiker zählenden Orchesters schwärmt er: „Die ganzen Werke der Klassik und auch noch der Romantik, also von Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Mendelssohn waren für diese Größe konzipiert. Das Anschwellen zu den überdimensionierten Formationen, zu wahren ‚Orchester-Apparaten‘, ist ja eine Erfindung des späten 19. und 20. Jahrhunderts“. Kammersinfonie und Uhlandbau sieht er in der kurzen Formel „hoher künstlerischer Anspruch im Kleinformat“ glücklich verbunden. Im Zusammenhang mit dem Jubiläumsjahr „100 Jahre Uhlandbau“ erinnert er an das (teils nur als Video-Aufzeichnung abgehaltene) Neujahrskonzert 2022 mit Werken jüdischer Komponisten wie George Gershwin oder Gideon Klein und an das Klezmer-Medley von Helmut Eisel.

Ergänzt und umrahmt wird seine zum Frieden mahnender Rede durch Beiträge seiner Gattin Maiken Wallinger, beispielsweise zur mehr denn je unverzichtbaren Erinnerungskultur, durch eine am und mit dem Kontrabass gespielten Szene seines Sohns Simon Wallinger und von der kurzen Beschreibung der 2014 im Uhlandbau begonnenen Schülerkonzerte durch Susanne Bökenheide.

Weitere Infos: http://sueddeutsche-kammersinfonie.de

Autor: Robin Daniel Frommer