Niefern-Öschelbronn
Niefern-Öschelbronn -  28.10.2021
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Vom Schottergarten zum Tierparadies: Öschelbronnerin setzt sich für Schwalben ein

Niefern-Öschelbronn. Die Grünpflanzen breiten sich kreuz und quer auf dem knapp zehn Meter langen Vorgarten aus, gelborangene Sonnenblumen haben der Sonne längst den Rücken gekehrt und Astern bringen ihre letzten purpurroten Blüten zum Vorschein. Ein ungewöhnlich wildes Gewächspanorama erstreckt sich entlang der Einfahrt des Wohnhauses von Christina Hecker in Niefern-Öschelbronn.

Schwalbenfreundliches Haus Öschelbronn
Vorstandsvorsitzender des Nabu-Kreisverbands Ludwigsburg, Helmut Mager, und Christina Hecker im Vorgarten der Öschelbronnerin. Foto: Foto: Meyer

Sie lässt der Natur in ihrem Vorgarten den freien Lauf und hilft dadurch nicht nur Insekten. Auch Vögel und insbesondere Schwalben, eine Art, die mit sinkenden Populationen zu kämpfen hat, profitieren dadurch. Für die Umwandlung ihres Schottergartens in ein Naturparadies und ihrer aktiven Anbringung von Nistmöglichkeiten wurde das Haus von Christina Hecker im Ortsteil Öschelbronn kürzlich von dem Naturverbund Deutschland (NABU) zum „Schwalbenfreundlichen Haus“ gekürt.

Pflegeaufwand erleichtert sich

Noch im Frühjahr war der Vorgarten von Hecker von einem Naturparadies aber weit entfernt: Statt mit brauner Erde war ihr Garten mit einer staubigen und grauen Schotterschicht gefüllt. „Ich habe mich wie eine Gans gefühlt. Um das Unkraut zu vernichten, musste ich ständig durch den Schottergarten laufen und diesen abzupfen“, erinnert sie sich. Seit geraumer Zeit habe sie deshalb mit dem Gedanken gespielt, ihren Schottergarten endlich umzuwälzen. Mehrere Firmen kontaktierte die Frau dafür:

„Ich hatte aber immer das Problem, wo ich mit dem Schotter hingehe.“

Schließlich unterstützte sie Helmut Mager, der Vorstandvorsitzende des NABU-Kreisverbands Ludwigsburg, in der Umsetzung des Projekts: Nachdem die Schottersteine durch zwei bis drei Lieferungen abgetragen wurden, arbeiteten sie ein Mischsaatgut der NABU in die neue Erde ein. „Das Ziel beim Saatgut ist vor allem, Pflanzen auszuwählen, die für Insekten vorteilhaft sind“, so Mager. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase entdeckte die Frau schnell die Vorzüge eines naturbelassenen Gartens: „Wenn ich jetzt vor meinem Haus stehe und sehe, wie die Bienen, Hummeln und Schmetterlinge kommen, freue ich mich wirklich.“ Sie fügt hinzu: „Seit Mai habe ich nichts mehr machen müssen.“ Deshalb empfehle sie jedem, ihren Schottergarten auch umzuwälzen – oder gar nicht erst einen anzulegen.

Den ersten Schritt hat die baden-württembergische Landesregierung schon gemacht: Seit Anfang Juli ist die Schotterung von privaten Gärten grundsätzlich verboten. An zusätzlichen Prämien oder Anreizen für eine Umwandlung fehle es aber in der Gemeinde Niefern-Öschelbronn, bemängelt Hecker. Auf PZ-Anfrage bei der Gemeinde bestätigte sich das: „Die Gemeinde unterstützt artenschutz- und naturschutzrechtliche Projekte, bislang wurde jedoch kein Förderprogramm zum Rückbau von Schottergärten bei der Gemeinde angeregt.

Kommunale Flächen entlang von Straßen, welche in den vergangenen Jahren aus Gründen des geringeren pflegerischen Aufwandes geschottert wurden, werden zwischenzeitlich soweit möglich rückgebaut“, erklärt Bauverwaltungsleiter Uwe Engelsberger. In Pforzheim ist das anders: Bei einer Schottergarten-Umwandlung gibt es bis zu 500 Euro Prämie.

Sinkende Schwalbenpopulationen

Die aus Deutschland nicht mehr wegzudenkenden Schwalben finden in den letzten Jahren immer schwerer eine geeignete Nistmöglichkeit. Der Vorsitzende des NABU-Kreisverbands erklärt die Ursachen so: „Erstens gibt es immer weniger Ställe und zweitens finden sie seltener Lehmpfützen, womit sie ihre Nester bauen können“. Deshalb habe sich die Schwalbenpopulation in den vergangenen Jahren fast halbiert. Außerdem sei die Anbringung von Schwalbennestern unbeliebt, weil die Vogelart mit ihrem Kot, die Außenwände schnell verschmutzen kann. Um diesem Trend entgegenzuwirken, wurde die NABU-Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ ins Leben gerufen.

Christina Hecker habe schon vor vielen Jahren eine Nistmöglichkeit an ihrer Außenwand angebracht und feiere jedes Jahr Erfolge: „Dieses Jahr waren es drei Schwalbennester an meiner Außenwand, in denen gebrütet wurde“. Auch besitze sie selbst eine besondere Verbindung zu den Vögeln: „Ich liebe die Schwalben. Früher war es immer ein Schauspiel, wie sich die Vögel Mitte bis Ende August für einen Probeflug formierten, bevor sie im September weggeflogen sind.“ Nach der Entfernung einer Stromleitung hinter ihrem Haus, auf der die Schwalben sich sammelten, käme das aber nicht mehr vor.

Autor: cud