Fans aus der Region trauern um Dino HSV
Pforzheim. Nach dem 2:0-Sieg des FSV Mainz am Montagabend gegen den SC Freiburg dürfte der Abstieg des Hamburger SV aus der Bundesliga besiegelt sein. Um den sterbenden Bundesliga-Dino trauern auch bemerkenswert viele Fußball-Fans aus der Region Pforzheim. Es gibt diverse Fanclubs, die sich in der kommenden Saison auf eine kurze Reise nach Sandhausen freuen dürfen. Vielleicht gibt es auch ein Wiedersehen mit dem Karlsruher SC, gegen den der HSV am 1. Juni 2015 nach einem denkwürdigen Relegationsspiel im Wildpark-Stadion den ersten Abstieg gerade noch so vermeiden konnte.
Dieses Spiel und viele Anekdoten aus der ruhm- und ereignisreichen Historie des HSV werden leidenschaftlich diskutiert, wenn sich die „HSV-Experten“ treffen, eine lose Verbindung von HSV-Freunden aus ganz Deutschland. Kennengelernt haben sich die Fußballfreunde – alle im besten Mannesalter – über einen HSV-Blog im Internet. Vor dem Auswärtsspiel des HSV in Hoffenheim trafen sich die Edelfans wieder einmal im Enzkreis, auf Einladung von Erhard Werthwein aus Ölbronn-Dürrn, selbst ein jahrzehntelanger leidenschaftlicher HSV-Anhänger. Am Freitagabend saß man im „Bahnhöfle“ in Ölbronn gemütlich beisammen. Statt Labskaus gab es Rostbraten mit Spätzle, Maultaschen und Wurstsalat.
Erhard Werthwein, in der Region auch als Chorleiter und ehemaliger Fußballer in Ölbronn und Flehingen bekannt, begrüßte seine Freunde an der badisch-schwäbischen Grenze. Die Stimmung war prächtig nach dem 3:2-Sieg des HSV gegen Schalke 04. „Jetzt noch ein Sieg in Hoffenheim und wir sind wieder voll im Geschäft“, sagt Jochen aus Hamburg, ein Insider, der Bücher schreiben könnte über fatale Fehler in der Vereinsführung des HSV in den vergangenen Jahren. Aus dem Sieg wurde bekanntlich nichts. Hautnah erlebten die Fans das 0:2 ihres HSV in Hoffenheim mit. Und nach dem 2:0-Sieg der Mainzer hört die berühmte Uhr im HSV-Stadion bald auf zu ticken, sind sich die Realos unter den HSV-Freunden sicher. Der Abstieg könnte bereits an diesem Wochenende bei einer Heimniederlage des HSV gegen den SC Freiburg besiegelt sein.
Einig sind sich die HSV-Experten nicht immer. Sie sind sich aber sicher, dass Christian Titz der richtige Mann auf dem Trainerstuhl der Hanseaten ist. Das taten sie auch vor dem Hoffenheimer Fußball-Stadion mit einem Transparent kund. Für die Protagonisten ist auch klar, wer ein gerüttelt Maß an Schuld an der momentanen HSV-Krise hat: Dietmar Beiersdorfer. Durch viele Fehlentscheidungen und Fehleinkäufe habe der ehemalige Vorstandsvorsitzende Millionen verbrannt und den Dino in die missliche Lage gebracht. Dass der ehemalige HSV-Boss Bernd Hoffmann den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen vermag, darin sind sich Erhard Werthwein und seine Freunde einig.
Werthwein ist nicht nur ein HSV-Experte, er ist auch Mitglied im HSV-Fanclub Schwarzwaldexpress, dem HSV-Fans aus der gesamten Region Nordschwarzwald angehören. Dessen Sprecherin Simone Lehmann ist auch für einen Verbleib von Titz auf dem Trainerstuhl. Sie zweifelt aber daran, dass ihm Bernd Hoffmann eine Chance geben wird. „Ein Kardinalfehler war, dass sich der HSV in der Winterpause nicht in der Offensive verstärkt hat“, glaubt Simone Lehmann.
Auch in Pforzheim und Birkenfeld gibt es zwei Fanclubs, die mit dem Dino fiebern: Die Goldstadt Rauten und die Goldhosen Pforzheim. Die Pforzheimer Goldhosen gibt es seit zwei Jahren. Deren Vorsitzender Mathias Vögele, seit 40 Jahren HSV-Fan und seit zwölf Jahren HSV-Mitglied, glaubt auch, dass der Abstieg besiegelt ist. „Wir werden am Samstag Freiburg deutlich aus dem Volkspark schießen, es wird aber trotzdem nicht reichen, leider verdient“, so Vögele. Ob Titz der richtige Mann auf dem Trainerstuhl ist, lässt er offen. „Wie soll man heute schon beurteilen, was er kann? Natürlich ist das Spiel besser geworden, aber ist eine Verbesserung von Note 6 auf Note 5 wirklich ein Fortschritt?“, fragt Vögele und fügt mahnend hinzu: „Wenn ich mir die 2. Liga anschaue: 15 von 18 Mannschaften ehemalige Erstligisten! Wer da unbedacht und vorlaut den sofortigen Wiederaufstieg propagiert, der wird schneller vom Tagesgeschäft eingeholt, als ihm recht ist.“