Eineinhalb Stunden Streit auf der Bühne: Komödie von Hurst sorgt für viele Lacher
Remchingen. Eigentlich hätte es so ein schöner Abend im heimischen Wohnzimmer werden können. Er setzt sich in seinen bequemen, schwarzen Sessel, lehnt sich entspannt zurück, schlägt ein Buch auf und die Füße übereinander. Sie nimmt auf der Couch Platz, mit der Fernbedienung in der Hand. In der Glotze läuft Werbung für Abführmittel, im Wohnzimmer beginnt die Diskussion.
Anderthalb Stunden lang streiten Armin (Winnie Bartsch) und Renate (Ute Merz) am Samstagabend auf der Open-Air-Bühne vor der Remchinger Kulturhalle: lautstark, schlagfertig und ohne Rücksicht auf Verluste. "Tatort – So isch's wore" heißt das Stück, geschrieben von Harald Hurst, inszeniert von Hendrik Dörr.
Alles dreht sich um ein Paar, seit 29 Jahren verheiratet, inzwischen aber in einer tiefen Krise. Jeder Sonntagabend läuft gleich ab: mit Knabberzeug, gutem Rotwein und einem "Tatort". "Abendfüllendes Verblödungsprogramm", sagt er dazu. Sie hat damit kein Problem, macht es sich auf der Couch gemütlich.
Protagonisten könnten nicht verschiedener sein
Zwei Protagonisten, die verschiedener nicht sein könnten. Sie wirft ihm vor, er sei "händelsüchtig" und "ein echt sturer Bock". Er vergisst den Hochzeitstag und will ihr nicht ständig sagen müssen, dass er an sie denkt. Sie plappert ohne Unterlass, kauft gerne für viel Geld ein und hat ihren Mann fest im Griff, verbannt ihn auf den Balkon, wenn er sich eine Zigarette anzünden will. Im Wohnzimmer wird nicht geraucht. Und die Schnittchen werden nicht angerührt, bis der "Tatort" begonnen hat.
Sie guckt gern Kochsendungen und die "Fallers". Er mag weder das eine noch das andere – und auch sonst eigentlich nichts von dem, was über die Mattscheibe flimmert. Außer Fußballübertragungen vielleicht. Stundenlang könnte er sich aufregen über "depperte Talkshows mit den immergleichen Visagen", über "dappige Quizsendungen" und über "Liebesschnulzen aus der High Society", die mit ihrem Leben doch gar nichts zu tun hätten. Zum Glück, findet sie: "Ich wollte mir unser Leben nicht auch noch im Fernsehen angucken."
Komödie findet ihr unerwartetes Ende
Bartsch und Merz verkörpern die gegensätzlichen Charaktere überzeugend, unaufgeregt, ohne zu übertreiben und ins Klamaukige abzudriften, dennoch mit Leidenschaft und Hingabe. Streit und Konfrontation scheuen sie nicht. Zum Glück, denn einig sind sich Armin und Renate nur selten. Schon gar nicht, wenn es um die Beerdigung von Walter geht, einem Freund aus Armins Boule-Club.
Eigentlich wollte er eine Ansprache halten, drei Seiten, zwölf, dreizehn Minuten lang, doch das hat sie ihm schnell ausgeredet. Seinen Anzug will sie ihm trotzdem rauslegen. Sie schaut in die Taschen – und findet die Rechnung eines Romantik-Hotels.
Er beichtet ihr die Affäre, die nur "ein Techtelmechtel" gewesen sei. Doch da ist es schon zu spät. "Was soll ich denn ohne Dich machen?", fragt er noch, bevor sie ihn verlässt. "Das, was wir immer sonntags gemacht haben: Fernsehgucken, Tatort."