Helene Schwarz eröffnet Museum mit hunderten historischen Puppen in Wilferdingen
Wer kennt sie nicht: die Kiste voller Kindheitserinnerungen, in der tief im Keller oder hoch oben im Speicher Puppe Gretel oder Teddy Anton schlummern? Wenn ihre Besitzer durch Zufall darüber stolpern oder ganz bewusst den verstaubten Deckel öffnen, nimmt eine wundersame Reise in die Vergangenheit ihren Lauf.
Bei Helene Schwarz reicht eine Kiste schon lange nicht mehr aus – schließlich hütet sie nicht nur die Puppen ihrer Mutter, Großmutter und der eigenen Kinder. Im Laufe der Zeit vertrauten ihr Freunde, Bekannte, jüngst sogar eine unbekannte Pforzheimerin ihre Kindheitsschätze an. So wurden aus einem Sofa voller Puppen bald zwei Zimmer – und mittlerweile die ganze untere Etage ihres Elternhauses an der Wilferdinger Kirchstraße. Mit „Helenes Puppenstube“ erfüllt sie sich den lang gehegten Traum vom eigenen Museum. Auch wenn die 71-Jährige die Räume, die sie mit ihrem Mann Gerhard und Tochter Britta mit Herzblut dekoriert hat, aus Bescheidenheit lieber „Puppenstube“ anstatt „Museum“ nennt: Die kulturelle Einrichtung nimmt die Besucher fortan auf eine Zeitreise, zurück bis in die 1890er-Jahre, als das deutsche Unternehmen „Schildkröt“ die Produktion begann.
„Damals waren die Puppen – oder zumindest ihr Kopf – noch aus zerbrechlichem Porzellan, später aus Zelluloid, das wegen der leichten Brennbarkeit wiederum durch andere Kunststoffe ersetzt wurde“, erklärt Schwarz, während sie die ältesten Exponate auf ein Kissen bettet. „Das war für damalige Verhältnisse ein Luxusgut. Und trotzdem saßen die Puppen nicht einfach auf dem Schrank, sondern waren fest in Kinderhänden, die umso sorgsamer aufgepasst haben.“ Manchen Puppen scheint ihr neues Zuhause noch nicht so geheuer. Sie blicken mit ernster Miene drein, während andere in fröhlicher Erwartung auf die ersten Besucher verschmitzt lächeln: „Jede von ihnen hat einen besonderen Charakter und schaut anders. Früher kam das noch mehr zur Geltung.“
Kaum eine Epoche fehlt
Mit der großen Schwarzwaldpuppe mit Bollenhut über die neugierigen Entdecker, die sich in der Küche bis ins Waschbacken recken oder im Waschzuber ihre Scherze treiben, bis zum Setzkasten fehlt es an kaum einer Epoche. Auf manchen Hälsen sind neben der Markenprägung noch die Bleistift-Striche zu erkennen, mit denen die Kinder im Krieg ihre Puppe abgestottert hatten.
Genau gezählt hat Helene Schwarz die mehreren hundert Exponate noch nicht – doch zu jeder einzelnen, fein säuberlich beschrifteten Puppe kennt sie die Geschichte – in vielen Fällen sogar die ihrer Besitzer. Schließlich ist sie keine Unbekannte im Ort, wo schon ihr Urgroßvater einen Schuh- und Haushaltswaren-Laden in den heutigen Ausstellungsräumen betrieb, den sie selbst bis 2012 weiterführte. Neben dem Kirchenchor verleiht Schwarz mit Monika Foemer den Wilferdinger Waschweibern ihre Stimme und engagiert sich im Heimatverein und Römermuseum, mit dem sie zukünftig kooperieren will.
Eine alte Schulbank und zahlreiche Haushaltsutensilien zeugen davon, dass ihre Sammelleidenschaft noch viel weiter reicht: „Ein Sammler sammelt immer. Schon meine Mutter hat nie etwas weggeworfen, irgendwann hat mich selbst das Fieber gepackt. Manche kommen, bringen mir ihre Erinnerungen und sagen: Pass gut drauf auf“, erzählt sie Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon und dem Remchinger Ehrenbürger Friedbert Pailer, der sie stets zum eigenen Museum ermutigte.
Beide nutzten die Gunst der Stunde, um vor der Eröffnung einen Blick in die gute Stube zu werfen: „Auch wenn ich als Junge weiter weg von Puppen war, ist es doch faszinierend, welche Beziehung und Identifikation wir Menschen zu Figuren entwickeln können. Begeisternd, auf welche Weise das nun im dritten Remchinger Museum zu Tage kommt“, freute sich Prayon.
„Helenes Puppenstube“ in der Kirchstraße 5 in Wilferdingen öffnet zum ersten Mal am verkaufsoffenen Sonntag, 3. April, von 13 bis 18 Uhr. Danach ist das Museum jeden ersten und dritten Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. An allen anderen Tagen Führungen auf Anfrage telefonisch unter (07232) 72554. Der Eintritt kostet zwei Euro.