Remchingen
Remchingen -  01.10.2018
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Humorvolle A-Cappella-Musik begeistert in der Remchinger Kulturhalle

Remchingen. In der Mitte der Bühne steht ein Mikrofon, um das sich im Halbkreis fünf Musiker aufstellen. Instrumente haben sie keine dabei. Brauchen sie auch nicht, denn sie machen Musik nur mit ihren Stimmen. Alte Bekannte nennt sich die fünfköpfige A-Cappella-Gruppe, die am Freitagabend in der Remchinger Kulturhalle einen Ohrwurm nach dem anderen serviert, deutsche Musik mit intelligenten Texten.

Drei von ihnen, Daniel Dickopf, Nils Olfert und Björn Sterzenbach, waren vorher bei den Wise Guys, einer A-Cappella-Formation, die sich im vorigen Jahr aufgelöst hat. Mit Clemens Schmuck und Ingo Wolfgarten wagten sie vor einigen Monaten den Neustart. Zusammen bringen es die Fünf auf fast 130 Jahre Bühnenerfahrung. „Ein Wert, den man als Solokünstler kaum erreichen kann“, meint Dickopf grinsend. Und: Zusammen klingt es einfach besser, voller, harmonischer.

Suche nach emotionaler Nähe

Sie singen über das Geheimnis ihrer Authentizität und „Unabgezocktheit“, über das Herzbrechen, über die „Montagsallergie“ und: „Rechthaben ist geil.“ Ihre Stimmen harmonieren. Zwischen den Liedern trinken die Sänger Remchinger Leitungswasser aus wiederbefüllbaren Glasflaschen: wegen der Umwelt, und weil sie das „emotional viel näher“ zum Publikum bringt. Die Fünf lassen kaum ein Thema aus. Nicht den Altersunterschied innerhalb der Gruppe. Nicht die Freuden des Vaterseins. Und schon gar nicht das Thema Boybands. Die mögen nämlich alle fünf. Behaupten sie zumindest. Um zu zeigen, wie sehr sie sie mögen, singen sie „Penny Lane“, ein Stück der Beatles. Vom King of Pop gibt es „Billy Jean“ zu hören, aber mit einem anderen Text, einer eindringlichen Warnung vor dem modischen Super-GAU: „Billig-Jeans sind nichts für Lover“.

Einige Liebeslieder haben die Musiker auch im Gepäck: echte Liebeslieder, mit fast schon poetisch anmutenden Texten und kunstvollen Assoziationsketten. Viele Beispiele fallen ihnen auch zum Thema Verbote ein: sinnlose und sinnvolle. Aber Waffen zu exportieren, mit Trinkwasser und Lebensmitteln zu spekulieren, „solche Dinge, egal, ob ihr es glaubt, sind legal“.

Die Fünf gönnen sich und ihrem Publikum kaum eine Verschnaufpause, halten in einer Zeit der Globalisierung und des „Geschmacksterrorismus“ ein Plädoyer für Individualismus ab und fordern ihr Publikum zum Lachen auf. Aber sie können auch ernst. Etwa, wenn es um die Themen Demenz oder psychische Erkrankungen geht. Am Ende erhalten sie tosenden Beifall im Stehen. Drei Zugaben folgen. Die Letzte handelt von Remchingen. Dann trällern sie im Foyer der Kulturhalle noch ein allerletztes Lied, ohne Mikrofone und ohne gezückte Handys.

Autor: Nico Roller