Remchingen
Enzkreis -  31.03.2020
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Im Enzkreis gibt es jetzt den ersten Corona-Fall in einem Altenpflegeheim

Remchingen/Pforzheim/Enzkreis. Jetzt gibt es auch in der Region den ersten Corona-Fall in einem Altenpflegeheim. Betroffen ist die Einrichtung in Remchingen, wie Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon am Dienstag in einer Pressemitteilung bekannt gegeben hat. Erkrankt seien sowohl ein Bewohner als auch eine Mitarbeiterin, so der Bürgermeister auf PZ-Nachfrage. Der Bewohner befinde sich im Krankenhaus, die Mitarbeiterin in häuslicher Quarantäne.

Man habe in enger Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt umgehend reagiert: Der entsprechende Wohnbereich in dem Haus, das über rund 90 Plätze und gut 100 Mitarbeiter verfügt, sei komplett isoliert worden. Die Bewohner bleiben in ihren Zimmern und werden von Mitarbeitern betreut, die entsprechende Schutzausrüstung tragen und vom Rest des Teams getrennt arbeiten. Außerdem gelte jetzt ein Aufnahmestopp - bisher wurden neue Bewohner 14 Tage lang komplett isoliert. Zudem wurden alle Kontaktpersonen getestet und Mitarbeiter, die zu einer Risikogruppe gehören, blieben vorsorglich zu Hause. Man hoffe, dass man so eine weitere Ausbreitung des Virus verhindern könne, so der Bürgermeister. Wie das Virus in das Remchinger Heim gelangt sei, könne man mit letzter Sicherheit nicht klären, meint Prayon. „Das wäre reine Spekulation.“

Das A und O, um eine weitere Ansteckung zu verhindern, sind Schutzkleidung und professionelle Masken. Die sind jedoch in den Heimen noch immer Mangelware, wie eine Stichprobe der PZ ergeben hat. In Remchingen habe man einen „engen und guten Draht“ zum Gesundheitsamt, betont der Bürgermeister. „Die machen, was sie können.“ Dennoch seien die Vorräte überschaubar - und der Verbrauch steige gerade jetzt, wo das Heim betroffen sei, stark an. „Da ist schon Druck im Kessel“, beschreibt er die Lage. 

Nachschub „Fata Morgana“

Das gilt auch für andere Einrichtungen: Man habe zwar genügend einfachen Mundschutz, heißt es überall. Bei Schutzbekleidung und professionellen Masken sei aber nur noch wenig auf Lager. Das gilt auch für die vier Einrichtungen der Caritas in Pforzheim und Steinegg mit insgesamt 250 Bewohnern und rund 300 Mitarbeitern, meint Geschäftsführer Frank-Johannes Lemke. Wenn es Ernst werden sollte, reiche der Vorrat nur wenige Tage. Alle Berichte, dass es Nachschub geben werde, entbehrten jeder Grundlage, so der Caritas-Chef. „Das ist nicht real, eine reine Fata Morgana.“ Auf behördliche Strukturen könne man sich nicht verlassen, kritisiert er und kündigt an, sich an die beiden örtlichen Bundestagsabgeordneten zu wenden.

Auch Monika Tassotti, Chefin des Pforzheimer Paul Gerhardt Heims (165 Bewohner, rund 150 Mitarbeiter), hängt in der Luft. Sie versuche händeringend, Profi-Masken aufzutreiben, berichtet sie. So warte sie seit einer Woche auf eine Lieferung aus einer Apotheke, wo sie 50 Masken bestellen konnte. „Aber sollte der Ernstfall eintreten, reichen die gerade mal für etwa 15 Tage“, rechnet sie vor - schließlich müsse man mehrmals am Tag nach dem Patienten schauen. Am Dienstag sei völlig überraschend die Feuerwehr vor der Tür gestanden und habe 70 Masken gebracht. „Ob das die angekündigte Lieferung der Landesregierung ist, weiß ich nicht“, so Tassotti. Sie würde sich außerdem wünschen, dass Mitarbeiter häufiger getestet würden - das sei derzeit sehr schwierig. „Wir fühlen uns allein gelassen“, beschreibt sie ihre Verfassung.

Im Pflegheim Haus Martenyi in Schömberg sieht es nicht besser aus. Gerade habe sie neue Adressen möglicher Lieferanten vom Gesundheitsamt erhalten, berichtet Chefin Tanja Dickmann. „Aber ich kann die Quelle noch nicht bewerten“, gibt sie Einblick in die neue Hauptbeschäftigung von Heimleitern. Auch der Berufsverband habe wohl eine große Menge bestellt, aber bisher sei noch keine Lieferung eingetroffen. Heime erhielten derzeit täglich viele Handlungsanweisungen. „Aber für Nachschub an professionellen Masken kann niemand sorgen.“

Autor: Sabine Mayer-Reichard / pm