Kurzweilige „Zähmung der Widerspenstigen“ bringt Publikum zum Lachen
Remchingen. Ratternd, schnaubend, pfeifend fährt der Zug nach Padua. An Bord braut sich etwas zusammen. Zwei Männer wollen die gleiche Frau heiraten: der wohlhabende Hortensio und Lucentio, der Student. Aber Bianca, die jüngere von zwei Töchtern, darf nicht vor den Traualtar treten – zumindest nicht, bevor ihre ältere Schwester Katharina ebenfalls unter der Haube ist.
Zwei Schwestern, die jedenfalls gegensätzlicher nicht sein könnten: hier Bianca, die Schöne, die von allen bewundert wird, die Männerherzen reihenweise zum Schmelzen bringt. Und dort Katharina, ihr genaues Gegenteil: provokant, widerspenstig, eigensinnig und latent aggressiv.
Das Chaos ist programmiert in der „Zähmung der Widerspenstigen“. Und es dauert nicht lange, bis es in der von Tom Ryser auf modern getrimmten Fassung des 1658 erstmals in Deutschland gespielten Shakespeare-Stücks in der Remchinger Kulturhalle am Mittwochabend seinen Lauf nimmt.
Erst recht, als Petruchio (gespielt von Stefan Plepp) auftaucht, ein Bekannter Hortensios. Einer, der aus pekuniären Gründen bereit wäre, die widerspenstige Katharina (Alexandra Surer) zur Frau zu nehmen. Er lässt sich auf das verbale Duell mit ihr ein, liefert sich wilde Wortgefechte und beharrt auf seiner Position – auch dann, wenn sie vollkommen anderer Meinung ist.
Spärlich ausgestattete Bühne
Auf der nur spärlich mit drei Quadern ausgestatteten Bühne haben Surer und Plepp viel Raum, um ihre Figuren lebendig werden zu lassen. Sie gehen voll in ihren Rollen auf, brüllen sich gegenseitig an, suchen regelrecht die Konfrontation: Sie schlägt ihn, er kommt zu spät und halbnackt zur Hochzeit, haut den Priester, säuft den Messwein leer und nimmt sie gegen ihren Willen mit zu sich, wo sie so lange weder Schlaf noch Essen bekommt, bis sie endlich hinter seine Maske schaut und seine Zuneigung erkennt.
Gespickt mit zahlreichen Ferkeleien und Wortwitzen, gleitet die Inszenierung stellenweise etwas ins Klamaukige ab, wirkt hölzern-gestelzt. Dennoch ist eine innere Wandlung der Protagonisten klar erkennbar: vom sich ständig zankenden Paar zum Idealbild der Ehe. Eine Ehe, in der sich beide Partner ebenbürtig gegenüberstehen und ihre Beziehung gegen die Außenwelt verteidigen.
Abweichung vom Original
Ein Punkt, in dem Rysers Inszenierung von Shakespeare zumindest vordergründig abweicht. Auch in der Nebenhandlung, dem von Listen, Täuschungen und Verstellen der Identitäten geprägten Werben der Kontrahenten um die schöne Bianca, ist manches etwas vereinfacht – allein schon aufgrund der Verwendung moderner Alltagssprache anstelle Shakespeare’scher Dramensprache. Was aber keinesfalls bedeutet, dass die als Komödie angekündigte Inszenierung sich in Monotonie ergehende, leichte Kost wäre. Ganz im Gegenteil: Der Rezipient ist gefordert. Und sei es nur, um bei all den Figuren auf der Bühne und den zahlreichen, binnen Sekunden sich vollziehenden Kostümwechseln den Überblick zu behalten.
Mit viel Beifall belohnt
Die sechs Schauspieler verkörpern mehrere Rollen, wechseln von Jetzt auf Gleich von einer in die andere. Auch wenn hier und da tragische Elemente aufscheinen, dominiert den Abend klar die Komik. Ein kurzweiliger Abend, an dessen Ende das Publikum vollkommen zurecht tosenden Beifall spendet.