Remchingen hat die Falschparker im Visier
Egal, wen man derzeit in Remchingen auf Falschparker anspricht. Jeder weiß eine Geschichte dazu zu erzählen, seine Leiden oder Ängste zu offenbaren. Eltern und Großeltern sorgen sich um Schüler, die auf die Straße ausweichen müssen und so einer größeren Gefahr ausgesetzt sind. Mütter mit Kinderwagen oder eingeschränkte Menschen mit Rollatoren und im Rollstuhl widerfährt gleiches Problem. In den vergangenen Monaten wird das Thema wie eine Sau durch die Gemeinde getrieben.
Die SPD-Fraktion liebäugelt mit einem Vollzugsbediensteten, damit beim ruhenden Verkehr wieder Recht und Ordnung herrscht. Der Bürgermeister mahnt im Gemeindeblatt regelmäßig zur Parkdisziplin und macht auf geltendes Parkrecht aufmerksam. Geändert hat sich trotzdem kaum etwas, wie das Gespräch mit den Bürgern vor Ort zeigt.
Morgens hinterm Rathaus in Wilferdingen: Beim Bäcker herrscht Hochkonjunktur. Viele kommen mit dem Auto und stellen es „kurz“ direkt vor dem Laden ab. Zwischen Hauswand und Fahrzeug passt kaum noch jemand vorbei – auf der Straße kommen Busse Passanten gefährlich nahe. „Überall in der Gemeinde wird kreuz und quer geparkt“, sagt eine ältere Frau, die zu Fuß unterwegs ist. „Die Leute sind unvernünftig.“ Von einem Dorfsheriff halte sie trotzdem nichts: zu teuer, kaum Nutzen. Sie selbst habe bisher keine gefährlichen Situationen durch Falschparker erlebt. Für Menschen mit Kinderwagen, Rollator oder im Rollstuhl sei dies jedoch anders.
Was die alte Frau meint, macht das Gespräch mit Julia Fritz, Mutter aus Wilferdingen, klar. Wenn sich vor dem Dönerladen an der Hauptstraße die Autos auf den Gehweg drängelten, müsse sie mit dem Kinderwagen auf die Straße oder auf die andere Seite wechseln. Über die dortige Bundesstraße fahren täglich weit über 10 000 Fahrzeuge. Und der Imbiss liegt hinter einer langgezogenen, aber trotzdem unübersichtlichen Kurve. Fritz erzählt das ohne Ärger in der Stimme. „In Nöttingen ist die Situation schlimmer als in Wilferdingen“, sagt Sabine Kallenberger. Wenn sie mit ihrem Enkel im Kinderwagen auf der Karlsbader Straße unterwegs sei, müsse sie ständig runter vom Gehweg. „Von daher würde ich Bußgelder befürworten. In Königsbach gibt es das ja schon lange.“ Geht es nach der SPD-Fraktion wohl bald auch in Remchingen. Ende vergangenen Jahres haben die Sozialdemokraten einen Gemeindevollzugsbediensteten ins Spiel gebracht – und sich mit der Verwaltung auf eine Abmachung eingelassen: Bis in den Sommer hinein will man die Situation beobachten und Parksünder auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machen. „Wir hoffen, dass es sich bessert und wir keinen Dorfsheriff brauchen“, sagt SPD-Fraktionschefin Antje Hill in der Nähe des Rathauses in Singen, wo die Situation ähnlich wie in allen vier Remchinger Ortsteilen ist.
Viel Hoffnung haben sie und ihr Gemeinderatskollege Edgar Kunzmann nicht. „Wenn nicht kontrolliert wird, dann ändert sich nichts“, sagt Kunzmann. Dass Strafzettel nicht jeden zur Räson bringen, zeigt das Beispiel Friolzheim: „Es gibt Fahrzeughalter, die wir schon zwei- oder dreimal gemeldet haben“, hieß es Ende vergangenen Jahres im dortigen Gemeinderat. In Niefern-Öschelbronn habe sich die Parkmoral durch Kontrollen dagegen verbessert, berichtete Rathaus-Chefin Birgit Förster zur selben Zeit.
Vorstufe zu Knöllchen
Remchingens Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon bringt noch eine Vorstufe zu den Knöllchen ins Spiel. Autofahrer sollten mit Zetteln auf ihre Verstöße hingewiesen und diese auch registriert werden – auch in der Nachbargemeinde Keltern war dies bis Jahresanfang so gängige Praxis. „So können wir uns einen Überblick verschaffen und dann entscheiden, war wir tun.“
Vormittags auf der Karlsbader Straße in Nöttingen: Susanne Casper ist mit ihren beiden Kindern unterwegs. Durch das kreuz und quer Parken an der Hauptstraße und den abgesengten Bordstein ergebe sich dort noch eine andere Gefahr, sagt sie. Autos würden dort nicht auf den Gegenverkehr warten, sondern auf den Gehweg fahren, um sich vorbei zu drängen. Ein Dorfsheriff macht für Casper nur Sinn, wenn dieser auch regelmäßig kontrolliert.
Die Nöttinger Franz Kastner und Manfred Vollmar halten dagegen gar nichts von einem Gemeindevollzugsbediensteten. „Das kostet nur Geld“, sagt Vollmar, auch wenn er sonst immer wieder den Verkehr auf der Karlsbader Straße anprangert. Selbst die Kirchgänger würden den Gehweg zuparken. „Wenn der dritte Teil der Ortsteilverbindungsstraße kommt, wird sich alles bessern“, meint Vollmar. Und die Zeit bis dahin, müsse man eben noch überstehen.