Straubenhardt
Straubenhardt -  09.04.2019
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KTV-Turner Marcel Nguyen setzt bei EM auf seine Stärke am Barren

Stettin/Straubenhardt. Die letzte Motivation für die EM in Stettin holte sich Marcel Nguyen dort, wo er bei den Sommerspielen 2012 große Erfolge feierte: Bei der Turnshow „Superstars of Gymnastics“ in London ließ der inzwischen 31-Jährige von einer Jury mit den Olympiasiegern Simone Biles (USA) und Max Whitlock (Großbritannien) Kreativität und schwierige Elemente bewerten. „Eine tolle Sache und eine große Ehre für mich, dort dabei sein zu dürfen“, meinte Nguyen, wenngleich er den sportlichen Wert der kommerziellen Veranstaltung im März nicht zu hoch einschätzte.

„70 Prozent waren Show. Aber ich fühlte mich dort noch einmal an meine beiden Silbermedaillen bei den Olympischen Spielen 2012 erinnert“, sagte er. Im polnischen Stettin zählt von Mittwoch an nur noch das Können. Bei Europameisterschaften gehört der Turner der KTV Straubenhardt inzwischen zu den Stammgästen; an sein Debüt 2007 kann er sich kaum noch erinnern. „Der Durchbruch kam ja erst später“, erzählt Nguyen. Seinen ersten EM-Titel am Barren holte er erst vier Jahre später in Montpellier.

Dass er bei bislang zehn EM-Teilnahmen bereits zu 20 Finalteilnahmen kam, verblüfft Nguyen: „Echt, das hätte ich jetzt nicht gedacht,“ Noch größer war seine Überraschung darüber, dass er den „großen“ Fabian Hambüchen, der nach seinem Olympiasieg 2016 zurücktrat, bereits überholt hat: „Gefühlt war Fabi doch in 100 EM-Finals dabei.“ Tatsächlich waren es 19 – doch sechsmal wurde der Hesse als Europameister gefeiert. Bei war das Nguyen bisher dreimal der Fall.

Stettin ist eine Zwischenstation auf dem Weg zur Heim-WM in Stuttgart, wo es für die komplette Riege die große Chance auf Olympia-Tickets gibt. „Wir nehmen die EM zu 100 Prozent ernst, werden aber auch ein bisschen ausprobieren, ob sich die Übungen für Stuttgart eignen“, sagte Cheftrainer Andreas Hirsch. Er spricht von einem „etwas schleifenden Generationswechsel“ in seinem Team und freute sich natürlich, dass Nguyen noch ein viertes Mal bei Olympischen Spielen dabei sein will.

Teamkollege ist auch Antreiber

„Sein starkes Gerät bleibt der Barren. Aber er hat nun das Problem mit der Stärke von Lukas Dauser“, urteilte der Coach. Der Vize-Europameister von 2017, ein früherer KTV-Turner, hatte zuletzt stets ein wenig sauberer geturnt als der zweimalige Barren-Champion Nguyen. „Damit muss Marcel nun klarkommen“, meinte Hirsch schmunzelnd. Das sei für die Leistung besser als jede Beeinflussung durch den Trainer. Nguyen, der als Sohn einer Deutschen und eines Vietnamesen mit vollem Vornamen Marcel Van Minh Phuc Long heißt, hat in seine starke Übung vom Weltcup in Stuttgart, bei dem er Mehrkampf-Vierter wurde noch ein schwieriges Element (Diamidow) eingebaut. Mit dem dadurch nun bei 6,6 liegenden Schwierigkeitsgrad könnte er noch näher an die Medaillenränge rücken – und natürlich auch Dauser bedrängen. „Die Übung klappt bisher nicht immer, ich werde es versuchen. Aber ich weiß noch nicht, ob ich sie schon in der Qualifikation riskiere“, sagte Nguyen.

Autor: Frank Thomas