Tiefenbronn
Tiefenbronn -  30.05.2018
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Ausstellung in Tiefenbronn-Mühlhausen präsentiert Textilkunst aus Pakistan und Indien

Tiefenbronn-Mühlhausen. Es begann mit einer Freundschaft in Südfrankreich und mit der Liebe der Hausherrin zur Textilkunst. Daraus geworden ist eine beachtliche Sammlung von Wandbehängen, hergestellt vom Nomadenstamm der Rabari auf der Grenze zwischen Indien und Pakistan.

Was sie jahrelang als kunsthandwerklichen Schatz auf dem Dachboden ihres Hauses verwahrt hatten, haben Brigitte und Gerhard Voss jetzt hervorgeholt und damit ihre Musikgalerie in Mühlhausen neu belebt und dabei auch deren musikalische Tradition wieder aufleben lassen.

Jahrzehnte war die Galerie im Tiefenbronner Ortsteil Anziehungspunkt für Musik- und Kunstbegeisterte. Als sie mit der Saison 2015/2016 geschlossen wurde, empfanden viele das als herben Verlust. Jetzt hat das Ehepaar Voss die schöne alte Räumlichkeit noch einmal für eine intensive Farbigkeit und ein besonderes künstlerisches Handwerk geöffnet – dass die Ausstellungseröffnung wieder mit einem kleinen Konzert verbunden war, ist Professor Gerhard Voss als Violinisten und der aus Tokio stammenden und jetzt als Dozentin an der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart arbeitenden Pianistin Miki Hashimoto zu verdanken. Die Werke von Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bach, Giuseppe Tartini und Josef Gabriel Rheinberger stellten an die beiden Solisten, deren Zusammenarbeit sich schon im Ensemble Galerie Voss als Glücksfall erwiesen hatte, hohe Anforderungen – insbesondere Bachs Obligat-Sonaten stehen für große Virtualität. Dicht und souverän gelang beiden die Vermittlung emotionaler und kompositorischer Komponenten.

Die Musik nahm erst einmal gefangen. Doch dann forderten die Farbbilder an den Wänden ihre Präsenz ein – der Entwurf einer Welt, die so weit von unserer Lebensumgebung entfernt ist und doch so in ihren Bann zieht. Auf die Spur der außergewöhnlichen Objekte hatte das Ehepaar eben jener Freund in Südfrankreich gebracht, auf zahlreichen Reisen waren die Exponate zusammengetragen worden. Was ursprünglich einmal reine Volkskunst war – weit entfernt von jeder folkloristischen Attitüde – hat an Anerkennung und Bedeutung gewonnen, zeitgleich zu einer Aufwertung von Textilkunst überhaupt im weltweiten Kunstbetrieb. Für die Nomadenfrauen sind die Wandbehänge, die zur Aufwertung der Jurten gehörten, eine Möglichkeit, sich künstlerisch auszudrücken. Die Materialien für die aufwendigen Handarbeiten gewinnen sie aus Stoffresten, hauptsächlich aber aus abgelegten Kleidungsstücken, die Erfahrungen werden von Generation zu Generation weitergegeben.

Es entstehen meist großformatige Unikate von einer überraschenden schöpferischen Vielfalt, die in ihren Variationen und ihrer Symbolik Ausdruck des Lebensstils des individuellen Stammes sind. Die meist geometrischen Textilteile werden – entfernt vergleichbar mit den amerikanischen Quilts – kunstvoll aneinandergenäht, später oft insgesamt mit einer Naturfarbe eingefärbt. Edlere Stoffe, die aus reichen Haushalten weitergegeben worden sein könnten, verbinden sich mit prunkvollen Goldstickereien, die Einarbeitung von kleinen Spiegeln setzt glitzernde Akzente. Es ist eine Reise in das Nomadengebiet der Rabari, die sich in der Musikgalerie Voss präsentiert – voller Ornamentik, Farbigkeit und Symbolik. Gabriele Meyer

Autor: Gabriele Meyer