Enzkreis -  09.06.2020
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Flüchtling und Flüchtlingshelfer stellen in Wurmberg nun Mundschutzmasken her

Wurmberg. Mit seiner Familie flüchtete Abdulkarim Al Daghli aus Aleppo. Seit 2015 ist er in Deutschland und hat sich integriert. Heute betreibt der vierfache Vater eine Änderungsschneiderei in Wurmberg. Mit einem Flüchtlingshelfer gründete er kürzlich eine Firma und stellt modische Mundschutze her.

Höflich lächelnd steht Abdulkarim Al Daghli am Tresen seiner Änderungsschneiderei in Wurmberg. Eine Kundin betritt den Laden, kaum fünf Minuten dauert das Gespräch. Sie gibt einen Änderungsauftrag ab und wird verabschiedet. Ebenso respektvoll, wie sie im Laden des 46-jährigen Syrers begrüßt wurde. Einige Schritte abseits steht der Uhrenfabrikant und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer Bruno Söhnle. Er beobachtet das Geschehen und wirkt zufrieden. Zumindest strahlen das seine Augen aus. Die untere Gesichtspartie ist unter einem Mundschutz verborgen. Doch unter keiner der typischen Einwegmasken, wie man sie in der Apotheke kaufen kann. Blau, passend zum Sakko, gefertigt vom Syrer Al Daghli. Made in Wurmberg.

Papa Schneider und Opa Bruno

Der vierfache Vater betreibt den kleinen Schneiderladen am Ortsrand der Enzkreisgemeinde seit nunmehr vier Jahren. Zuvor ist er mit seiner Frau und den vier Söhnen aus Aleppo vor dem Bürgerkrieg in seinem Heimatland Syrien geflüchtet. Über die Türkei kam er nach Deutschland und wurde freundlich empfangen, wie er berichtet. Erst war die Familie in München untergebracht, dann in Karlsruhe, Ellmendingen, Heidelberg, Remchingen – und nun habe er eine neue Heimat in Wurmberg gefunden „Ich liebe Wurmberg. Es gibt hier viele nette Menschen, die mir geholfen haben“, erzählt Al Daghli in sehr gutem Deutsch. Letzteres kam jedoch nicht von allein: „Ich habe ab 2017 einen Deutschkurs angefangen und bestanden.“

Gearbeitet habe er nach dem Kurs, den er täglich von 8.30 bis 12.30 Uhr besuchte. Zunächst habe ihn seine Frau im Laden unterstützt. Doch reichte das Geld nicht. Daher arbeite sie mittlerweile in einer Wurmberger Wäscherei.

Auch in Aleppo hatte die Familie eine Schneiderei. 12 Angestellte hatte er in Syrien. In Wurmberg arbeitet er allein an der Nähmaschine. Nicht ganz allein natürlich, die Familie packe mit an, sagt er. Und dann ist da ja auch noch Bruno Söhnle, Opa Bruno, wie der 80-jährige von der Familie Al Daghli genannt wird. „Und ich nenne ihn gern Papa Schneider“, ergänzt Söhnle.

Ihm sei es am Anfang schwergefallen den Nachnamen des Syrers auszusprechen. Und „Opa“ sei einfach eine schöne Wertschätzung. Seit 2015 die ersten Flüchtlinge in Wurmberg angekommen sind, arbeitet Söhnle in einer Gruppe mit 90 Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe.

Betrieb Al Daghli & Söhnle

Seit kurzem verbindet Papa Schneider und Opa Bruno mehr als reine Hilfsbereitschaft und Sympathie. Die GbR Schneiderei Al Daghli & Söhnle entstand aus einer gemeinsamen Idee. Mit der Einführung der Mundschutzpflicht im öffentlichen Nahverkehr und Geschäften seien die Masken immer mehr Teil des Straßenbilds geworden. Doch waren es eher Einmalmasken, die man gesehen habe, sagt Söhnle. Gemeinsam mit dem Syrer habe er an einem Konzept gefeilt, hochwertige und modische Mundschutzmasken herzustellen. „Für mich war von Anfang klar, Herr Al Daghli ist der Fachmann. Er macht die Näharbeiten“, so Söhnle. Er habe lediglich Geld investiert und kümmere sich um den bürokratischen Part des gemeinsamen Geschäfts. Während Söhnle spricht, steht der Al Daghli geduldig und gelassen in seinem Laden.

Bis man ihn direkt nach seiner Arbeit und den Masken fragt. Dann fliegen seine Hände geradezu über die Theke, breiten Stoffmuster und fertige Masken aus. „Wir haben drei Größen. Und wir nähen die Maske mit oder ohne Metallbügel“, sagt Al Daghli mit dem professionellen Enthusiasmus eines erfahrenen Handwerkers. Nachhaltigkeit, Handarbeit und Funktionalität seien wichtig, wie auch das erwünschte Alleinstellungsmerkmal: „Wir wollen die Maske modisch machen“, kommentiert Söhnle.

Die Masken, die man vorbestellen oder fertig im Laden kaufen kann, seien auch für Allergiker geeignet. Zudem seien sie nach dem Waschen sauber und wie neu. Die Filtereinlagen ließen sich zudem ohne Weiteres wechseln. Um auch für die Zukunft gut aufgestellt zu sein und die Menschen mit hochwertigen Masken versorgen zu können, planen Al Daghli und Söhnle sich zu vergrößern. In den ehemaligen Geschäftsräumen des Uhrenfabrikanten stehen bereits zehn Nähmaschinen und warten auf ihren Einsatz.

Autor: Tim Rudeck