Bad Wildbad
Bad Wildbad -  01.05.2018
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40 tote Schafe nach Wolfsriss: Schäfer fürchtet um seine Existenz

Bad Wildbad. Es ist ein Bild des Schreckens, das sich an diesem Montagmorgen bietet. Auf der Weide, direkt an der L351 zwischen Bad Wildbad und Enzklösterle, liegen tote Schafe.

Bei vielen ist die Bauchdecke aufgerissen und man sieht Magen und herausgequollene Gedärme. Weitere tote Schafe liegen in der Enz. Der Rest der Herde drängt sich am äußersten Rand der Weide, während die Mitarbeiter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) aus Freiburg die toten Tiere untersuchen.

Über 40 Schafe starben nach einer Wolf-Attacke in Bad Wildbad.
Über 40 Schafe starben nach einer Wolf-Attacke in Bad Wildbad.

Landwirt Gernot Fröschle, der Besitzer der Schafe, ist immer noch ganz aufgelöst. Er war es, der die toten Tiere gefunden hat. „Ich bin um sechs Uhr rausgefahren. Da standen die Schafe ganz oben in der Ecke“, erzählt er. Da habe er sofort gewusst, dass etwas nicht stimme. Als er dann die toten Tiere gesehen hatte, habe er gleich gedacht: „Das war ein Wolf. Das kann gar nicht anders sein.“ 16 Schafe seien gerissen worden, noch einmal 16 in der Enz ertrunken, als sie in Panik versucht hätten, sich in Sicherheit zu bringen. Zusätzlich untersucht ein Tierarzt eine große Anzahl Tiere, von denen noch einmal rund zehn aufgrund schwerer Verletzungen getötet werden mussten.

Dies sei der erste Übergriff in diesem Ausmaß in Baden-Württemberg, sagte Felix Böcker von der FVA. „Es sieht alles sehr nach Wolf aus“, bestätigt er. Wenn kein Zaun ringsum gestellt sei, „ist das Eindringen kein Problem“, so Böcker weiter. Genau das Einzäunen sei aber an dieser Weidefläche ein Problem, sagt Anette Wohlfarth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes Baden-Württemberg. Denn die Wiese grenzt an einer Seite an die Enz. Direkt am Gewässer sei ein Zaun durch das felsige Gelände nicht möglich, so dass der Zaun weiter oben angebracht werden müsste. Dadurch „verbusche“ das Ufer. „Will man das?“, fragt sie. Der Wolf sei gesellschaftlich gewollt, dann solle die Gesellschaft auch unterstützen, so Wohlfarth weiter.

Das Umweltministerium sagte in einer Pressemeldung Hilfe zu. Den materiellen Schaden beziffert Fröschle auf etwa 5000 Euro. Doch das ist für ihn nicht das Schlimmste. Mit seinen rund 850 Schafen, circa 30 Hinterwälder-Rindern und einigen Ziegen betreibt er Landschaftspflege auf insgesamt 155 Hektar Fläche im Enztal. Vor wenigen Tagen hat er die erste Schafherde aus dem Stall auf die Weide geführt – fünf Tage später heißt es nun Kommando zurück. Zunächst kommen alle noch verbliebenen Schafe wieder in den Stall. „Wir wissen nicht, was wir machen sollen“, sagt Fröschle, der die Landwirtschaft gemeinsam mit seiner Frau, fünf Kindern und einem Schwiegersohn betreibt. Die Schafe will er erst mal nicht wieder rauslassen. „Das kann man nicht“, sagt er. Doch das stellt den Familienbetrieb vor einige Probleme. Zum einen werde das Winterfutter langsam knapp. Außerdem hat Fröschle Verträge zur Landschaftspflege abgeschlossen, die er einhalten muss: „Das Gras wächst, ich weiß nicht, wie ich meine Aufträge erfüllen soll.“ Gernot Fröschle hat Angst um seine Existenz. „Wir kommen gerade so über die Runden“, sagt er, „und jetzt das“. Es sei bekannt, dass sich ein Wolf seit mehreren Monaten dauerhaft hier in der Gegend aufhalte. „Das wird nur nicht bekannt gegeben“, sagt Fröschle. In den nächsten Tagen oder Wochen solle nach seiner Aussage mitgeteilt werden, dass die Gegend ein „wolfsresidentes Gebiet“ sei, also eine Gegend, in der sich ein Wolf permanent aufhält. Fragt man ihn, was mit dem Tier in der Gegend von Bad Wildbad geschehen soll, erhält man eine klare Meinung: „Der Wolf hat seine Berechtigung in dünn besiedelten Gebieten wie Sibirien oder Kanada.“ Aber eben nicht hier. Anette Wohlfarth geht davon aus, dass dieser Schafsriss kein Einzelfall bleiben werde. Deshalb müssten „Herdenschutzmaßnahmen her, die umsetzbar sind. Wir müssen Lösungen finden, auch gegen den Wolf“, sagt sie.

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