Bad Wildbad
Bad Wildbad -  11.03.2019
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Brillant, virtuos und lebendig: Johannes Gaechter in Bad Wildbad

Bad Wildbad. Die Musikwelt feiert in diesem Jahr den 200. Geburtstag der Pianistin und Komponistin Clara Schumann. Das Jubiläumsjahr bietet die Möglichkeit, einer der ganz wenigen Komponistinnen näherzukommen, die in Europa Bedeutung gewonnen haben. In Bad Wildbad hat man die Chance genutzt. Der Pianist Johannes Gaechter, bereits seit vielen Jahren regelmäßig hier zu Gast, überraschte mit einem anspruchsvollen Konzertprogramm rund um Clara Schumann.

Schon die Zusammenstellung der Stücke dieses Konzerts war ungewöhnlich. Neben Werken von Clara und ihrem Mann Robert Schumann standen Brahms, Chopin und Skrjabin auf dem Programm, das sich damit als variantenreich, aber dennoch konzentriert auf Romantik, Fantasie und Leidenschaft präsentierte, Gegensätzliches ebenso zuließ wie musikalische Überschneidungen.

Intensität herrscht von Beginn an: Mit Klanggespür und ausgefeilter Technik zieht der Pianist alle musikalischen Register, nutzt seine Virtuosität zur Verdeutlichung der emotionalen musikalischen Inhalte und vermeidet dabei jeden Manierismus. Mit Brillanz, Schärfe und voller Lebendigkeit interpretiert Gaechter die auch stilistischen Verschiedenheiten – zu hören sind musikalische Lesarten, die nicht den Pianisten in den Mittelpunkt heben, den Werken weder launenhafte Interpretation noch Willkür gegenüberstellen und gängige Romantik-Klischees vermeiden. Schwingende Melodielinien ziehen sich dabei ebenso durch den Abend wie streng akzentuierte analytische Passagen. Gaechter vermag die eigene Emotionalität im Zaum zu halten und dabei in die tiefe Poesie dieser Musik vorzudringen: Es überzeugt die interpretatorische Klarheit seines Spiels.

Gaechter zeigt in seinem Programm die ganze musikalische und emotionale Bandbreite dieser Zeit, ohne dabei die zum Teil damals herrschende Sentimentalität und Larmoyanz aufzugreifen. Der Abend beginnt mit Clara Schumanns Notturna in F-Dur aus den Soirees Musicales, die pianistische Virtuosität mit lyrischer Poesie verbinden. Es folgen die A-Moll-Romanze und die Bellini Variationen – der Zwischenteil ist zwei für Clara Schumanns Leben wichtigen Männern gewidmet. Mit Robert Schumanns erstem veröffentlichten Werk, den Abegg-Variationen op. 1 mit ihren tief empfundenen Eindrücken und Stimmungen, und Johannes Brahms Intermezzo Op. 118 / 2, das die tiefe Traurigkeit und Sehnsucht des liebenden Brahms anklingen lässt, spürt Gaechter eindrucksvoll biografischen und kompositorischen Bezügen nach.

Der zweite Teil des Konzerts gehört Chopins Impromptus und der Sonaten-Fantasie von Alexander Skrjabin. Gaechters sanfte Klangsprache, die sich schnell in ein starkes Forte wandeln kann, ließ diesen Übergang nicht hart erscheinen. Und wieder faszinierte, wie Gaechter schnelle Tempi und virtuose Läufe mit einer Dynamik ausstattet, die, dann wieder verlangsamend, doch ihre Kraft behält. Das Publikum war zu Recht begeistert.

Autor: Gabriele Meyer